Umschulden und sparen? Bei aktuell günstigeren Bauzinsen als im Vorjahr erhoffen sich Käufer, massiv Kosten zu senken. Ist das möglich? Ein Finanzexperte erklärt
Wann rechnet sich eine Umschuldung? Wir haben gefragt. Foto: iStock.com / coldsnowstorm
Die Zinsen für Immobilienkredite sind 2024 deutlich gesunken – ein deutlicher Unterschied zu den Spitzenwerten, die Kreditnehmer im letzten Jahr erlebt haben. Lag der durchschnittliche Zinssatz im November 2023 noch bei etwa 4,5 Prozent, bieten Banken nach Angaben der Interhyp aktuell, je nach Laufzeit und Bonität, Zinssätze um die 3,3 Prozent für 10-jährige und etwa 3,56 Prozent für 20-jährige Darlehen an. Diese Differenz klingt verlockend. Kann man davon jetzt profitieren? In Deutschland gibt es einige Besonderheiten, die man dabei beachten sollte. Andreas Schankweiler, Teamleiter und Finanzierungsberater bei Interhyp, gibt eine Orientierungshilfe.
Szenario 1: Du hast deinen Kredit vor mehr als 10 Jahren aufgenommen
In Deutschland gilt: Wenn du deinen Immobilienkredit bereits seit über 10 Jahren bedienst, kannst du ihn ohne Vorfälligkeitsentschädigung kündigen und möglicherweise zu einem besseren Zinssatz umschulden. Schankweiler erklärt: „Kundinnen und Kunden haben nach 10 Jahren ein vom Gesetzgeber gegebenes Sonderkündigungsrecht, das ihnen erlaubt, ihre Baufinanzierung zu beenden. Allerdings lohnt sich das nur dann, wenn der aktuelle Zinssatz deutlich unter dem bisherigen liegt.“
Wer zum Beispiel 2015 einen Kredit über 15, 20 oder 30 Jahre mit einem Zinssatz von unter 2 Prozent aufgenommen hat, für den ist eine Umschuldung bei den aktuellen Zinsen von etwa 3,3 Prozent für 10-jährige Darlehen keine sinnvolle Option.
Läuft deine Finanzierung jetzt aus, haben wir hier die wichtigsten Tipps bei der Anschlussfinanzierung für dich zusammengefasst.
Szenario 2: Dein Kredit hat noch eine längere Laufzeit und wurde vor kurzem abgeschlossen
Für Kreditnehmer, die in der jüngeren Vergangenheit ihren Kredit zu Zinssätzen über dem heutigen Niveau abgeschlossen haben, ist es nicht ganz so einfach. „Wer in den letzten Jahren zu höheren Zinsen finanziert hat, kann die Baufinanzierung nicht ohne Weiteres neu verhandeln,“ betont Schankweiler. „Ohne das Sonderkündigungsrecht sind Kreditnehmer an die Laufzeit gebunden – eine vorzeitige Ablösung würde in den meisten Fällen hohe Kosten für entgangene Zinsgewinne mit sich bringen.“
Diese Vorfälligkeitsentschädigung kann die Vorteile einer Umschuldung schnell aufzehren, da sie den finanziellen Vorteil durch einen niedrigeren Zinssatz oftmals deutlich reduziert.
Hier findest du einen Rechner, um die Vorfälligkeitsentschädigung zu berechnen.
Szenario 3: Du hast eine Restlaufzeit von weniger als 3 Jahren
Sollte dein Kredit bald auslaufen, besteht die Möglichkeit, dich bereits jetzt mit einer Anschlussfinanzierung zu befassen. „Kreditnehmer, deren Restlaufzeit bis zu 36 Monate beträgt, können sich über ein Forward-Darlehen den aktuellen Zinssatz für ihre Anschlussfinanzierung sichern“, erklärt Schankweiler. Forward-Darlehen ermöglichen es, sich die derzeitigen Zinsen für die Zukunft zu sichern, was besonders in einem volatilen Zinsumfeld vorteilhaft sein kann. „Für eine Planung von 36 Monaten beträgt der Forward-Aufschlag etwa 0,3 Prozent, bei 24 Monaten 0,2 Prozent, und bei 12 Monaten im Voraus wird kein Aufschlag verlangt.“
Frühzeitig Angebote vergleichen
Schankweiler rät Kreditnehmern, sich spätestens 6 Monate vor Ablauf der Zinsbindung mit dem Thema Anschlussfinanzierung auseinanderzusetzen. Ein Vergleich der Angebote lohnt sich oft, denn beim Wechsel zu einer neuen Bank wird die Immobilie in vielen Fällen neu bewertet. „Falls der Wert der Immobilie seit dem Kauf gestiegen ist, kann dies in Verbindung mit der geringeren Restschuld zu besseren Konditionen führen,“ erklärt er. Daher ist es ratsam, nicht nur das erste Angebot der Hausbank zu akzeptieren, sondern verschiedene Optionen in Betracht zu ziehen.