Elon Musk möchte mit „Snailbrook“ eine neue Art des städtischen Lebens schaffen. Die Stadt soll erschwinglichen Wohnraum für Mitarbeiter seiner Unternehmen bieten und eine innovative Gemeinschaft bilden. Doch Kritiker vergleichen es mit historischen „Company Towns“ und warnen vor Umweltproblemen und mangelnder Transparenz. Passt dieses Projekt ins Konzept von Trumps „Freedom Cities“?
Snailbrook ist eine kleine Siedlung auf dem Firmengelände der "The Boring Company" von Elon Musk. Foto: Steve Jurvetson / flickr
Elon Musk gründet seine eigene Stadt: Snailbrook
Elon Musk – ein Name, der Innovation und Zukunftsvision verkörpert. Mit Tesla elektrifizierte er die Automobilindustrie, SpaceX brachte den erdnahen Orbit und die Marskolonisation in greifbare Nähe, und mit Neuralink erkundet er die Verschmelzung von Mensch und Maschine. Auch Projekte wie Hyperloop, SolarCity und OpenAI tragen seine Handschrift, während The Boring Company mit ihren Tunnelbohrprojekten den urbanen Verkehr revolutionieren soll.
Nun startet dort ein weiteres Kapitel: Mitten in Texas gründet Musk seine eigene Stadt – Snailbrook. Das Gelände, einst genutzt von The Boring Company, soll nun als Fundament für eine neue Art von Lebensgemeinschaft dienen. Hier entwirft Musk nicht weniger als eine Vision der Stadt der Zukunft.
Wohnen sollen hier Mitarbeiter seiner Unternehmen Tesla, SpaceX und Boring Company. Günstige Mieten, innovative Infrastruktur und die Nähe zu Musks Unternehmensstandorten sollen das Projekt zu einem Vorbild für die Städte der Zukunft machen. Bislang ist davon allerdings nur wenig zu sehen. Auf dem Firmengelände stapeln sich Bauteile von Tunnelrohrsystemen, ein FedEx-Transporter liefert gerade Pakete an. Doch Dutzende Fahrzeuge stehen auf dem Parkplatz. Wahrscheinlich sind es Mitarbeiter und die ersten Bewohner des "Dörfchens", das zukünftig eine moderne Stadt werden soll. Einige kleine Häuser stehen zumindest schon.
Laut dem Wall Street Journal hat Musk mithilfe eines Geflechts von Firmen mehrere Tausend Hektar Land am Colorado River gekauft, um seine Vision zu verwirklichen. Snailbrook soll in Bastrop County entstehen, etwa 50 Kilometer von Austin entfernt. Auf den ersten Blick klingt das nach einer Antwort auf den angespannten Wohnungsmarkt in der Region. Doch Kritiker sehen viele Probleme.
Mithilfe von Googlemaps kann man an der Walker-Watson Road in Bastrop, Texas, einen gemütlichen Spaziergang machen und am Eingangstor der The Boring Company 130 einen Blick über das FIrmengelände werfen. Wer genau hinsieht, kann ein paar hundert Meter entfernt den Schriftzug des Ortseingangsschild erkennen.
Günstige Mieten und scharfe Kritik
Die Pläne sehen vor, Wohnungen für etwa 800 Dollar pro Monat anzubieten – deutlich günstiger als der regionale Durchschnitt von über 2.000 Dollar. Dazu sollen Gemeinschaftseinrichtungen wie ein Pool und Fitnessbereiche entstehen. Doch hinter der utopischen Fassade regt sich Widerstand. Besonders die Umweltauswirkungen des Projekts stehen im Fokus. Tunnelbohrtests von Musks eigener Tunnelbohrfirma „The Boring Company“ und die beantragte Einleitung von täglich 150.000 Gallonen Industrieabwasser (530.000 Liter) in den Colorado River sorgen für Besorgnis.
Diese Debatte erinnert an die Diskussionen um Teslas Werk in Grünheide bei Berlin, wo der hohe Wasserverbrauch und mangelnde Transparenz für Kritik sorgten. „Die wollen handeln, bevor irgendjemand merkt, was hier passiert“, sagt ein lokaler Anwohner. Besonders die Geheimhaltung um den Bau von Snailbrook schürt Misstrauen.
Snailbrook eine Freedom City?
In die Geschichte passt, dass Musks „neuer bester Freund“, der künftige US-Präsident Donald Trump, vor seiner Wahl die Vision der „Freedom Cities“ vorgestellt hat. Diese Modellstädte sollen auf staatlichem Land entstehen und Innovation sowie gesellschaftliche Integration fördern. Während Trumps Konzept darauf abzielt, neue Großstädte zu schaffen und den Wohnungsmarkt zu entlasten, bleibt Snailbrook allerdings ein privates Projekt, das sich primär an die Bedürfnisse von Musks Mitarbeitern richtet. Es erinnert damit stärker an historische „Company Towns“ als an ein breit angelegtes Stadtentwicklungsprojekt.
Was ist ein „Company Town“?
Ein „Company Town“ ist eine Stadt oder Siedlung, die vollständig von einem Unternehmen gebaut und betrieben wird. Sie diente historisch dazu, Arbeitern Unterkünfte in der Nähe von Fabriken, Minen oder anderen Arbeitsstätten zu bieten. Typischerweise kontrollierte das Unternehmen alles – von den Wohnverhältnissen über Geschäfte bis hin zu Schulen und Infrastruktur. Beispiele wie Henry Fords Dearborn oder Kohlesiedlungen in den USA zeigen, dass diese Städte häufig auf soziale Kontrolle und ökonomische Abhängigkeit der Bewohner ausgelegt waren. Ein ähnliches Beispiel findet man in Deutschland heute noch in Wolfsburg, das 1938 um das Dorf Fallersleben vom heutigen Konzern Volkswagen errichtet wurde.
Viele der US-Städte wurden mit großen Hoffnungen gegründet, entwickelten sich jedoch oft zu Symbolen für soziale Ungleichheit. Wenn die dominierende Firma scheiterte, gerieten die „Company Towns“ in wirtschaftliche und soziale Krisen. Kritiker warnen daher auch, dass Snailbrook in eine ähnliche Richtung gehen könnte.