Es gibt verschiedene Methoden, den Wert einer Immobilie zu ermitteln. Das Ertragswertverfahren ist eine gängige Methode zur Ermittlung des Verkehrswerts einer Immobilie. Im folgenden Ratgeber erfährst du, wie die Berechnungsweise funktioniert und bei welchen Immobilien das Verfahren angewendet wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Definition: Das Ertragswertverfahren dient zur Bestimmung des Verkehrswerts einer Immobilie. Die Berechnung basiert auf den erzielbaren Erträgen.
- Berechnung: Der Ertragswert setzt sich aus dem Bodenwert und dem Gebäudeertragswert zusammen.
- Anwendung: Das Verfahren wird bei renditeorientierten Immobilien wie Mietshäusern angewendet.
- Vor- und Nachteile: Ein Vorteil ist die realistische Ermittlung auf Basis tatsächlicher Marktdaten. Nachteilig ist die komplexe Berechnung der Methode.
Inhaltsverzeichnis
- Definition: Was ist das Ertragswertverfahren?
- Wie unterscheidet sich das Ertragswertverfahren von anderen Wertermittlungsmethoden?
- Welche Faktoren haben Einfluss auf den Ertragswert?
- Wie wird der Ertragswert berechnet?
- Beispiel Ertragswertverfahren – so gehst du bei der Berechnung vor:
- Wann wird das Ertragswertverfahren angewendet?
- Was sind die Vor- und Nachteile des Ertragswertverfahrens?
- FAQ zum Ertragswertverfahren
Definition: Was ist das Ertragswertverfahren?
Mit dem Ertragswertverfahren wird der Verkehrswert einer Immobilie ermittelt. Der Wert ergibt sich aus den marktüblichen Erträgen und dem Liegenschaftszins und setzt sich aus dem Gebäudeertragswert und dem Bodenwert zusammen.
Die gesetzlichen Grundlagen für das Ertragswertverfahren finden sich in der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und im Baugesetzbuch (BauGB). Nach § 194 BauGB handelt es sich beim Verkehrswert um den Preis, der für eine Immobilie im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden kann. In der ImmoWertV gibt es verschiedene standardisierte Methoden zur Wertermittlung.
Wie unterscheidet sich das Ertragswertverfahren von anderen Wertermittlungsmethoden?
Verfahren | Geeignet für | Berechnungsmethode |
---|---|---|
Vergleichswertverfahren | Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser, Grundstücke | Vergleich mit kürzlich verkauften, ähnlichen Immobilien |
Sachwertverfahren | Selbstgenutzte Häuser, Spezialbauten | Baukosten + Bodenwert - Altersminderung |
Ertragswertverfahren | Vermietete Immobilien, Gewerbeobjekte | Ertragsberechnung basierend auf Mieteinnahmen |
Können einzelne Methoden kombiniert werden?
Um ein verlässliches Ergebnis zu erzielen, ist es möglich, einen Durchschnittswert aus dem Ergebnis zweier Wertermittlungsmethoden zu bilden. Damit ergibt sich eine ganzheitliche Betrachtung, die den tatsächlichen Marktwert besonders realistisch wiedergibt.
In der Regel übernehmen Sachverständige oder Gutachter die Wertermittlung, um sicherzustellen, dass bei der Berechnung alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden.
Welche Faktoren haben Einfluss auf den Ertragswert?
- Bodenwert: Gibt an, wie hoch der Wert des unbebauten Grundstücks ist.
- Rohertrag: Zeigt, welcher Ertrag auf Basis der ortsüblichen Vergleichsmiete möglich ist.
- Bewirtschaftungskosten: Kosten wie Instandhaltung oder Verwaltung und Mietausfall, die nicht auf den Mieter umgelegt werden können.
- Liegenschaftszins: Marktüblicher Zinssatz für die erwartbare Rendite der Immobilie.
- Vervielfältiger: Faktor zur Ermittlung des Gebäudeertragswerts, der sich aus dem Liegenschaftszins und der Restnutzungsdauer ergibt.
- Restnutzungsdauer: Gibt an, wie lange die Immobilie bei ordnungsgemäßer Pflege und Instandhaltung wirtschaftlich genutzt werden kann.
Wie wird der Ertragswert berechnet?
- Schritt 1: Ermittlung des Bodenwerts: Bodenrichtwert × Grundstücksgröße
- Schritt 2: Ermittlung des Jahresrohertrags: Wohnfläche × Miete pro qm × 12
- Schritt 3: Abzug der Bewirtschaftungskosten (i.d.R. 20–25 %)
- Schritt 4: Jahresreinertrag = Jahresrohertrag – Bewirtschaftungskosten
- Schritt 5: Grundstücksreinertrag = Bodenwert × Liegenschaftszins
- Schritt 6: Gebäudereinertrag = Jahresreinertrag – Grundstücksreinertrag
- Schritt 7: Gebäudeertragswert = Gebäudereinertrag × Vervielfältiger
- Schritt 8: Vorläufiger Ertragswert = Gebäudeertragswert + Bodenwert
- Schritt 9: Endgültiger Ertragswert nach Anpassung wertbeeinflussender Faktoren
Beispiel Ertragswertverfahren – so gehst du bei der Berechnung vor:
- Grundstücksgröße: 200 qm
- Bodenrichtwert laut Gutachterausschuss: 400 Euro
- Wohnfläche: 180 qm
- Ortsübliche Vergleichsmiete: 10 Euro
- Bewirtschaftungskosten: 25 % der Jahresrohmiete
- Liegenschaftszins: 4,5 %
- Restnutzungsdauer: 70 Jahre
- Bodenwert: 200 qm × 400 Euro = 80.000 Euro
- Jährlicher Rohertrag: 180 qm × 10 Euro × 12 = 21.600 Euro
- Reinertrag: 21.600 – 5.400 (25 %) = 16.200 Euro
- Grundstücksreinertrag: 80.000 × 4,5 % = 3.600 Euro
- Gebäudereinertrag: 16.200 – 3.600 = 12.600 Euro
- Gebäudeertragswert: 12.600 × 21,2 = 267.120 Euro
- Vorläufiger Ertragswert: 267.120 + 80.000 = 347.120 Euro
- Endgültiger Ertragswert: 347.120 Euro (keine wertbeeinflussenden Faktoren)
Der Vervielfältiger zur Ermittlung des Gebäudeertragswerts ergibt sich aus Restnutzungsdauer und Liegenschaftszinssatz. Tabellen mit typischen Werten erleichtern die Anwendung. Faustregel: Je niedriger der Liegenschaftszins, desto höher der Ertragswert – ein Zeichen für geringes Risiko.
Tipp: Die Berechnung ist komplex – kostenlose Bewertungstools wie das von immowelt helfen bei der Ersteinschätzung.
Wann wird das Ertragswertverfahren angewendet?

Das Ertragswertverfahren zur Berechnung des Immobilienwerts. Foto: iStock.com / JindaNoipho
- Vermietete oder verpachtete Mehrfamilienhäuser
- Mietwohnungen
- Bürogebäude
- Gewerbeimmobilien
- Hotels, Pflegeheime oder Spezialimmobilien
- Bewertung von Renditeobjekten
- Beleihungswertfestsetzung von Banken
- Erbschafts- und Schenkungssteuer
- Zwangsversteigerungen
Hinweis: Bei selbstgenutzten Immobilien wird meist das Vergleichswertverfahren angewendet.
Was sind die Vor- und Nachteile des Ertragswertverfahrens?
Die Festsetzung des Ertragswerts einer Immobilie bietet verschiedene Vorteile:
- Realistische und aktuelle Einschätzung, da auf aktuellen Marktbedingungen basierend
- Berücksichtigt langfristige Ertragsaussichten
- Praxisnah, ideal für Investoren
Einige Nachteile solltest du auch im Blick haben:
- Komplexe Berechnungsweise
- Nicht geeignet für unbebaute Grundstücke oder Immobilien ohne Erträge
Fazit: Ertragswertmethode ideal für vermietete Immobilien
Das Ertragswertverfahren ist eine präzise Methode zur Wertermittlung renditeorientierter Immobilien. Es liefert marktorientierte Ergebnisse, erfordert jedoch eine komplexe Berechnung. Wer eine Immobilie bewerten möchte, sollte sich professionelle Unterstützung holen oder auf spezielle Bewertungstools zurückgreifen.
FAQ zum Ertragswertverfahren
Wie setzt sich der Ertragswert zusammen?
Der Ertragswert setzt sich aus dem Bodenwert des Grundstücks unabhängig von der Bebauung und dem Gebäudeertragswert zusammen.
Ist Ertragswert gleich Marktwert?
Der Ertragswert ist nicht automatisch der Marktwert. Beim Ertragswert basiert die Berechnung rein auf den möglichen Erträgen der Immobilie. Der Marktwert ist der Preis, der auf dem freien Markt erzielt werden kann.
Was ist der Ertragswert einfach erklärt?
Der Ertragswert ist der Wert einer Immobilie, der sich aus den erzielbaren Einnahmen (z. B. Mieteinnahmen) berechnet. Er wird vor allem zur Bewertung von vermieteten Immobilien verwendet.