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Liegenschaftszins: Alles, was du dazu wissen solltest

Autorenbild: Andreas Steger

Bei der Bewertung von Immobilien kommt dem Liegenschaftszins eine große Bedeutung zu. Dabei handelt es sich um jenen Zinssatz, mit dem der Markt- bzw. Verkehrswert eines bebauten Grundstücks oder von Wohnungseigentum verzinst wird. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle.

Liegenschaftszins – die Definition

Den Liegenschaftszins musst du heranziehen, um den Ertragswert einer Immobilie berechnen zu können. Die Ermittlung dieses Zinses – diese Arbeit übernehmen in der Regel Gutachter oder andere Sachverständige – geschieht durch die Analyse des Immobilien- und Grundstücksmarkts, der Zins gibt letzten Endes die zum jeweiligen Zeitpunkt aktuelle Verzinsung für Grundstücke wieder. Ohne die Berücksichtigung bestimmter Werte kommt der Liegenschaftszins allerdings nicht aus.

Um nämlich den Liegenschaftszins deines Grundstücks oder Gebäudes exakt zu ermitteln, musst du einige Faktoren berücksichtigen. Neben dem allgemeinen Zinsniveau sind etwa die Nutzung der Immobilie und natürlich die Lage ganz entscheidend. Anhand eines konkreten Beispiels lässt sich leichter verstehen, wie du den Liegenschaftszins feststellen kannst:

  • Nehmen wir an, die jährlichen Mieteinnahmen (Wohnflächenpreise), die du mit deinem Mehrfamilienhaus erzielst, liegen bei 60.000 Euro.
  • Gutachterausschüsse (zu deren Arbeit wir später noch kommen) beziffern den Liegenschaftszins in deiner speziellen Lage und der Art der Immobilie auf sechs Prozent.
  • Anhand dieser Daten kannst du den Ertragswert deiner Immobilie berechnen, indem du die Einnahmen durch den Liegenschaftszins teilst.
  • Im konkreten Beispiel bedeutet das: 60.000 Euro geteilt durch den Zinssatz (also 60.000/0,06) ergibt 1.000.000. Das heißt, der Ertragswert deiner Immobilie liegt bei einer Million Euro.

Wenn du das Haus verkaufen möchtest, könntest du also einen Preis von einer Million Euro veranschlagen.

Wie ermittelt man den Liegenschaftszinssatz bzw. wie wird der Liegenschaftszinssatz nach BewG angesetzt?

Wie schon kurz erwähnt, liegt der Ermittlung dieses Zinssatzes eine von Experten durchgeführte Datenanalyse zugrunde. In der Regel ist dabei die Marktanalyse der erste Schritt. Dabei stellen Gutachter fest, wie hoch Kaufpreise und Erträge (also etwa Mieteinnahmen) von vergleichbaren Immobilien sind. Mit „vergleichbar“ ist gemeint: Die Größe, der Zustand, die Nutzung und die Lage der Vergleichsobjekte sollte ähnlich sein.

Anschließend erfolgt die Berechnung des Verhältnisses von Reinertrag und Kaufpreis. Wenn du also pro Jahr 70.000 Euro an Mieteinnahmen und das Gebäude vorher für 840.000 Euro erworben hast, ergibt sich ein Wert von 70.000/840.000 oder 0,0833.

Das ist allerdings noch nicht der gültige Liegenschaftszins, da es sich ja nur um ein Gebäude handelt – der tatsächliche Zinssatz lässt sich näherungsweise bestimmen, indem die Gutachter diese Berechnung für eine ganze Reihe von Mietshäusern durchführen. Doch damit nicht genug, denn es sind weitere Validierungen und Anpassungen nötig. Die Experten müssen dabei die Entwicklung des Markts ebenso im Blick haben wie andere ökonomische Rahmenbedingungen sowie die spezifischen Charakteristika der betrachteten Immobilien (etwa das Alter). Erst jetzt lässt sich der Liegenschaftszins für die untersuchte Gegend verlässlich bestimmen.

Bei der genauen Ansetzung des Zinssatzes müssen Gutachter nach dem Bewertungsgesetz (BewG) vorgehen. Dieses Gesetz regelt die Bewertung von Immobilien und Grundstücken in Deutschland. Es stellt die Eckpfeiler auf für die steuerliche Bewertung von Grundvermögen – besonders für die Berechnung von Grundsteuern einerseits sowie Erbschafts- und Schenkungssteuern andererseits.

Liegenschaftszins: die Lage hat einen enormen Einfluss

Neben der Art des Gebäudes (Bürogebäude, Mehrfamilienhaus o. Ä.) und der sich daraus ergebenden Entwicklungsmöglichkeiten ist, wie schon angedeutet, die Lage ein Faktor, der sich in der Zinshöhe deutlich niederschlägt. Ob sich ein vermietetes Mehrfamilienhaus draußen auf dem Land befindet oder in einer Metropolregion wie Berlin, München, Stuttgart oder Frankfurt, hat einen enormen Einfluss auf den Zinssatz.

Lagen in Städten mit großer Kaufkraft gelten als wertbeständiger als der ländliche Raum. Und Stadt ist nicht gleich Stadt: Während Städte Stuttgart, Hamburg, Düsseldorf oder Frankfurt kaufkraftstark sind, gilt das beispielsweise für Berlin lediglich in kleinerem Umfang. Diese Betrachtung der Makrolage einer Immobilie ergibt, dass die Liegenschaftszinssatz in kaufkraftstarken Metropolregionen niedriger ist als anderswo. Überdies wirkt sich auch die spezifische Entwicklungsaussicht der Stadt direkt auf diesen Zins aus.

Die Mikrolage, in der sich das Objekt befindet, hat ebenfalls Auswirkungen auf den Liegenschaftszins. Fehlende Infrastruktur oder eine laute Ausfallstraße sind Faktoren, die den Zinssatz in die Höhe treiben. Wenn sich deine Immobilie jedoch in einer Gegend befindet, die eher grün ist, Einkaufsmöglichkeiten hat, gut an den ÖPNV angeschlossen ist und in der es Ärzte gibt, wirkt sich das positiv aus und trägt zur Senkung des Liegenschaftszinses bei.

Weitere Faktoren, die zur Ermittlung herangezogen werden:

  • das Alter bzw. das Baujahr der Immobilie
  • die Größe
  • der Wert des gesamten Grundstücks bzw. der Mietwohngrundstücke
  • bei einem Mietshaus die Anzahl der Wohneinheiten

Je mehr dieser Faktoren bei der Zinsberechnung herangezogen werden, desto genauer wird das Ergebnis ausfallen.

Ist ein hoher Liegenschaftszins gut?

Nein, zumindest für Eigentümer von Immobilien ist ein hoher Liegenschaftszins nicht gut. Das bedeutet nämlich, dass der Ertragswert niedriger ist, weil die Erträge in der Zukunft stärker abgezinst werden. Investoren hingegen können bei einem hohen Zinssatz für ihre Anlage eine größere Rendite erwarten, das Risiko ist jedoch ebenfalls größer. Allerdings lässt ein hoher Zins eher auf eine weniger attraktive Lage der Immobilie schließen.

Dementsprechend weist ein niedriger Liegenschaftszins auf eine begehrtere Lage hin. Der Wert der Immobilie wird dadurch gesteigert.

Wie hoch ist der Liegenschaftszinssatz für Wohneigentum?

Im Sommer 2024 beträgt der deutsche Liegenschaftszins für Wohneigentum 3,0 Prozent. Allerdings erfolgt in bestimmten Fällen eine Anpassung. Liegt nämlich der Bodenrichtwert deines Grundstücks bei mehr als 2.100 Euro pro Quadratmeter, sinkt der Liegenschaftszinssatz ab – und zwar um 0,1 Prozentpunkte pro 100 Euro. Der Bodenrichtwert ist übrigens ein auf der Basis von Verkäufen von Grundstücken ermittelter Lagewert für den Boden, den Gutachterausschüsse regelmäßig für die Region ermitteln.

Wird für deine Immobilie also ein Bodenrichtwert von 2.300 Euro pro Quadratmeter ermittelt, so beträgt der Liegenschaftszins noch 2,8 Prozent. Laut Bundesfinanzministerium kann der Zins jedoch nicht unter den Wert von 2,0 Prozent fallen, auch wenn der Bodenrichtwert mehr als 3.000 Euro pro Quadratmeter beträgt. Die Anpassung des Zinssatzes über den Bodenrichtwert ist sinnvoll und wichtig, da diese Vorgehensweise die orts- und marktgerechte Bewertung einer Immobilie realistischer macht.

Was passiert, wenn der Liegenschaftszins steigt?

Wie schon erwähnt: Bei steigendem Liegenschaftszins sinkt der Ertragswert einer Immobilie. Andererseits steigen meist die Bewirtschaftungskosten, die für die Nutzung des Grundstücks aufgewendet werden müssen. Als Eigentümer hast du dann höhere Ausgaben.

Auf mögliche Investoren nimmt ein steigender Zins ebenfalls Einfluss. Der Kauf selbst wird teurer, wenngleich – siehe oben – mögliche Renditen ebenfalls steigen. Zugleich besteht jedoch das Risiko, dass die höheren Betriebs- und Nutzungskosten die Rentabilität auch wieder absenken.

Wie ermittelt der Gutachterausschuss den Liegenschaftszinssatz?

Die Arbeit eines solchen Ausschusses muss akribisch ausgeführt werden. Anhand der vorliegenden statistischen Fakten und der Analyse der Immobilientransaktionen nähert sich der Ausschuss Schritt für Schritt dem tatsächlichen Liegenschaftszins. In die Auswertung fließen zunächst jene Preise ein, die der Verkauf von Immobilien und Grundstücken in der betreffenden Gegend einbringt.

Zudem muss der Gutachterausschuss die erwähnten Faktoren einberechnen, also etwa die Lage, die wirtschaftliche Prognose der Region, die Nutzungsmöglichkeiten und viele andere mehr. Diese Informationen muss ein Ausschuss regelmäßig neu erheben, um den Zinssatz aktuell und genau angeben zu können.

Häufig gestellte Fragen zum Liegenschaftszins

Jede Kommune in Deutschland besitzt einen Gutachterausschuss, der den Liegenschaftszins der Gemeinden und Wohnviertel regelmäßig publiziert.

Im Prinzip ist der Liegenschaftszins eine Auskunft darüber, wie groß Rendite und Risiko bei einem bestimmten Objekt ist. Dabei gilt die Faustregel: Ein niedriger Zinssatz bedeutet, dass das Objekt eine größere Wertstabilität aufweist.

Das kannst du ganz einfach ausrechnen. Wenn du beispielsweise eine Wohnimmobilie besitzt und die Wohnungen vermietest, teilst du den zu erwartenden Jahresreinertrag durch den Verkehrswert des Gebäudes. Je höher also der Verkehrswert (also der Preis, den du für die Immobilie verlangen kannst), desto niedriger der Zins.

Ja, zum Teil sogar erheblich. So gelten Objekte in großen Städten mit entsprechender Kaufkraft als attraktivere Lage im Vergleich zum ländlichen Raum. Die Nachfrage ist hier höher und das Angebot begrenzt. In einer Stadt wiederum spielen weitere Faktoren eine zusätzliche Rolle bei der Berechnung des Liegenschaftszinses. Die direkte Umgebung mit ihrer Infrastruktur hat beispielsweise positive Auswirkungen auf den Zinssatz.

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