Der Käufer kann nicht zahlen, weil die Finanzierung platzt? Oder im Haus zeigen sich erhebliche, vom Verkäufer verschwiegene Mängel? Dann stehen beide vor einem Problem. Ist ein Rücktritt vom Kaufvertrag möglich? Ein Überblick über die Rückabwicklung von Immobilienkaufverträgen.
Rückabwicklung eines Immobilienkaufvertrags: Das Wichtigste in Kürze
- Gründe für die Rückabwicklung:
Käufer: Erhebliche, verschwiegene Mängel oder arglistige Täuschung.
Verkäufer: Zahlungsverzug des Käufers. - Rechtsgrundlage: Vertragliches Rücktrittsrecht oder gesetzliches Rücktrittsrecht.
- Ablauf der Rückabwicklung: Käufer oder Verkäufer beantragen den Rücktritt schriftlich beim Notar.
- Sowohl Käufer als auch Verkäufer können bei einer Rückabwicklung Schadensersatz fordern.
- Wurde das Widerrufsrecht im notariellen Kaufvertrag vermerkt, können beide Seiten innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen den Vertrag widerrufen.
Übersicht
- Ist eine Rückabwicklung von einem Immobilienkaufvertrag möglich?
- Wann kann der Käufer einen Immobilienkaufvertrag rückgängig machen?
- Rückabwicklung vom Immobilienkaufvertrag: So gehen Käufer vor
- Wann kann der Verkäufer einen Immobilienkaufvertrag rückgängig machen?
- Rückabwicklung vom Immobilienkaufvertrag: So gehen Verkäufer vor
- Wer trägt die Kosten bei der Rückabwicklung des Kaufvertrags?
- FAQ – Rückabwicklung eines Kaufvertrags für Immobilien: So gehst du vor!
Ist eine Rückabwicklung von einem Immobilienkaufvertrag möglich?
Nach Abschluss eines Kaufvertrags für eine Immobilie ist ein Rücktritt nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Die Rechtsgrundlage dafür ist entweder ein vertragliches Rücktrittsrecht oder ein gesetzliches Rücktrittsrecht.
Vertragliches Rücktrittsrecht
Das vertragliche Rücktrittsrecht ist eine Vereinbarung, die im notariellen Kaufvertrag festgehalten wird. Solche vertraglichen Vereinbarungen haben mehr Gewicht als gesetzliche Rücktrittsrechte. Wichtig ist jedoch, dass der Verbraucherschutz dabei nicht untergraben wird, da sonst eine solche Klausel im Kaufvertrag unwirksam sein kann.
Beispiele für solche Vereinbarungen könnten sein:
- Der Verkäufer verpflichtet sich, die defekte Heizungsanlage vor Übergabe der Immobilie zu reparieren, und es wird vereinbart, dass der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten kann, wenn diese Verpflichtung nicht erfüllt wird.
- Der Kaufvertrag sieht vor, dass der Käufer vom Vertrag zurücktreten kann, falls die Finanzierung nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann.
Gesetzliches Rücktrittsrecht
Das gesetzliche Rücktrittsrecht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in verschiedenen Paragrafen festgehalten. Allgemeine Bestimmungen zum Rücktritt von einem Kaufvertrag sind ab Paragraf 346 BGB zu finden.
Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt darüber hinaus, unter welchen Voraussetzungen das gesetzliche Rücktrittsrecht ausgeübt werden kann:
- Aufgrund von Leistungsstörungen (§§ 323 ff. BGB), wie beispielsweise Zahlungsverzug des Käufers bei einem Immobilienkaufvertrag.
- Aufgrund von Gewährleistungsrechten bei Mängeln des Vertragsgegenstandes (§ 437 Nr. 2 BGB), wenn erhebliche, verschwiegene Mängel an dem Haus vorliegen.
- Aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB), wenn der Vertrag angepasst werden muss, dies aber entweder nicht möglich oder unzumutbar ist für eine Vertragspartei.
Wann kann der Käufer einen Immobilienkaufvertrag rückgängig machen?
Wenn erhebliche Mängel an der Immobilie festgestellt werden, hat der Käufer das Recht, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Ob der Mangel jedoch als ausreichender Rücktrittsgrund gilt, hängt davon ab, ob es sich um eine gebrauchte oder neue Immobilie handelt.
Welche Rücktrittsrechte bestehen bei einer gebrauchten Immobilie?
Bei gebrauchten Immobilien wird üblicherweise ein Gewährleistungsausschluss vereinbart. Das bedeutet, dass das Haus im Zustand wie besichtigt gekauft wird und der Käufer in der Regel nachträglich weder Schadensersatz noch Reparaturen aufgrund möglicher Mängel fordern kann.
„Käufer können dennoch vom Vertrag zurücktreten, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat oder im Vertrag eine Garantie für die Beschaffenheit übernommen wurde“, erklärt Mikio André Frischhut, Fachanwalt für Miet- und Immobilienrecht.
Der Gewährleistungsausschluss umfasst in der Regel:
- Sachmängel, wie zum Beispiel Feuchtigkeitsschäden oder das Fehlen einer Baugenehmigung.
- Rechtsmängel, wie beispielsweise eine bestehende Mietpreisbindung für eine Wohnung, die mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde (BGH, Az.: V ZR 165/17).
Wird im notariellen Kaufvertrag lediglich der Ausschluss von Sachmängeln vereinbart, behält der Immobilienkäufer in der Regel zumindest bei Rechtsmängeln sein Gewährleistungsrecht (BGH, Az.: V ZR 165/17).
Arglistige Täuschung (§ 123 BGB) liegt vor, wenn der Verkäufer einen Mangel kannte, von dem er wusste, dass er für den Käufer relevant ist, ihn jedoch trotzdem verschweigt. In Bezug auf die Verjährung gibt es hierbei eine besondere Regelung:
- Die Mängelrechte verjähren üblicherweise innerhalb von 5 Jahren ab Übergabe der Immobilie, sofern sie nicht vertraglich ausgeschlossen wurden.
- Bei Arglist verjähren die Ansprüche jedoch erst innerhalb von 3 Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist oder der Käufer Kenntnis von dem Mangel erlangt hat (§ 438 Abs. 3 BGB).
Ein Problem bei Arglist besteht darin, dass der Käufer den Nachweis erbringen muss, dass der Verkäufer von dem Mangel wusste.
„Der Käufer muss hierbei Indizien vorlegen, die darauf hinweisen, dass der Verkäufer Kenntnis hatte. Nur wenn diese eindeutig sind, kann man davon ausgehen“, erklärt Gerhard Ostfalk, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht.
Welche Rücktrittsrechte bestehen beim Kauf eines Neubaus?
Beim Kauf eines Neubaus haftet der Bauträger für Mängel.
„Da es bei Neubauten keinen Gewährleistungsausschluss gibt, kann der Käufer seine Rechte geltend machen“, erklärt Gerhard Ostfalk, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht.
Für eine rechtssichere Beratung sollte ein Fachanwalt hinzugezogen werden!
Kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn er die Immobilie nicht mehr bezahlen kann?
Nein, eine gescheiterte Finanzierung stellt keinen Rücktrittsgrund dar. Selbst wenn der Käufer keinen Kredit erhält, nachdem der Kaufvertrag bereits unterzeichnet wurde, entbindet ihn das nicht von seiner Zahlungspflicht. Das Recht, aufgrund von Zahlungsverzug zurückzutreten, liegt ausschließlich beim Verkäufer. Der Käufer kann nicht einfach vom Hauskauf zurücktreten, nur weil er nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt.
Anspruch auf Gewährleistung geltend machen: So gehen Käufer vor
Kann ein Käufer tatsächlich von seinem Gewährleistungsrecht Gebrauch machen, so muss er zunächst eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Sprich: Bis dahin muss der Verkäufer den festgestellten Mangel beseitigen. Als grobe Faustformel für die Nachbesserungsfrist gelten 14 Tage.
„Es kommt aber auf den Einzelfall an. Je nach Situation müssen auch längere Fristen eingeräumt werden“, so Rechtsexperte Gerhard Ostfalk.
Verstreicht die Frist zur Nacherfüllung, ohne dass sich der Bauträger rührt, oder der Verkäufer scheitert auch bei seinem zweiten Nachbesserungsversuch, so hat der Käufer zwei Optionen:
- Bei weniger gravierenden Mängeln: Selbst einen Handwerker beauftragen und die Kosten dem Verkäufer in Rechnung stellen.
- Bei gravierenden Mängeln: Entweder den Kaufpreis mindern oder vom Kauf zurücktreten. Bei einem Rücktritt vom Kaufvertrag kann unter Umständen Schadensersatz vom Verkäufer eingefordert werden.
Rückabwicklung vom Immobilienkaufvertrag: So gehen Käufer vor
Will der Käufer vom Immobilienkaufvertrag zurücktreten, muss er zum Notar und dort den Rücktritt schriftlich beantragen. Der Notar veranlasst dann, dass alle bereits getätigten Einträge aus dem Grundbuch gelöscht werden. Dies betrifft entweder die Löschung der Auflassungsvormerkung oder die Rückübertragung der Immobilie auf den Verkäufer.
Danach kann der Käufer Schadensersatzansprüche geltend machen, um finanziell so gestellt zu werden, als hätte der Hauskauf nie stattgefunden.
Wie viel Schadensersatz können Käufer beim Rücktritt vom Kaufvertrag fordern?
Verlangt der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag, so hat er Anspruch auf Ersatz seiner gesamten Investitionsentscheidung. Das heißt, er kann alle Aufwendungen, die er für den Immobilienkauf aufgebracht hat, zurückfordern sowie seine Kosten aufgrund der mangelhaften Gegenleistung. Hierzu gibt es auch ein höchstrichterliches Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH, Az.: VII ZR 26/06). Zum Schadensersatz zählen Kosten wie:
- Immobilienkaufpreis
- Maklerprovision
- Notar- und Grundbuchkosten
- Finanzierungsaufwendungen
- Nutzlose Aufwendungen, zum Beispiel für das Modernisieren der Wohnung
- Sämtliche Verfahrenskosten: etwa für Anwalt, Gericht, Immobiliensachverständigen.
Wann kann der Verkäufer einen Immobilienkaufvertrag rückgängig machen?
Fordert ein Verkäufer die Rückabwicklung des Immobilien-Kaufvertrags, und diese ist nicht vertraglich geregelt, so kommt in der Regel als gesetzliche Grundlage nur die sogenannte Leistungsstörung (§ 323 ff. BGB) infrage. Bei einem Immobilienverkauf ist das der Fall, wenn der Käufer in Zahlungsverzug gerät, also den vereinbarten Preis für das Haus nicht vollständig oder gar nicht zahlt.
Wann tritt der Zahlungsverzug ein?
Wann der Zahlungsverzug eintritt, hängt davon ab, was im notariellen Kaufvertrag vereinbart wurde.
„Bevor ein Käufer in Zahlungsverzug gerät, bedarf es über die bloße Fälligkeit hinaus nach einer Mahnung“, sagt Mikio André Frischhut, Fachanwalt für Miet- und Immobilienrecht aus Nürnberg.
Allerdings stehe im Kaufvertrag meist ein festes Datum oder eine Vereinbarung, dass der Käufer unter bestimmten Bedingungen – zum Beispiel bei Eintragung der Auflassungsvormerkung – vom Notar eine Fälligkeitsmitteilung erhält. In der Fälligkeitsmitteilung des Notars steht dann in der Regel eine Frist, binnen der der Käufer den Kaufpreis zu zahlen hat. Dann bedürfe es keiner Mahnung (§ 286 Abs. 2 BGB).
„Geht am Stichtag nichts oder nur ein Teil des Geldes auf dem Konto des Verkäufers ein, so kann der Käufer – abhängig von der Ausgestaltung des Notarvertrages – bereits im Zahlungsverzug sein“, erklärt Gerhard Ostfalk, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht aus Köln.
Im Einzelfall müssen aber die Fälligkeitsvoraussetzungen genau geprüft werden.
Rückabwicklung vom Immobilienkaufvertrag: So gehen Verkäufer vor
Ist der Käufer in Zahlungsverzug geraten, kann der Verkäufer theoretisch sofort Konsequenzen ziehen. Er muss nicht erst eine Mahnung schicken und dem Käufer eine neue Frist zur Zahlung setzen (§ 323 Abs. 1 Nr. 2 BGB).
In der Praxis sehe es allerdings anders aus, weiß Rechtsanwalt Gerhard Ostfalk: „Der Notar versendet in der Regel die Zahlungsmitteilung mit der normalen Post. Das heißt, er hat keinen Nachweis, ob und wann der Käufer die Aufforderung überhaupt erhalten hat.“
Darum werde dem Käufer in der Regel oft eine Nachfrist gesetzt, binnen der er den Kaufpreis zu zahlen hat. Erst dann kann der Verkäufer das volle Maß seiner Rechte ausschöpfen.
Der Rücktritt vom Kaufvertrags muss er schriftlich beim Notar beantragen. In der Regel wird vor Zahlung des Kaufpreises noch keine Eigentumsumschreibung im Grundbuch vorgenommen – falls doch, kann der Verkäufer die Rückübertragung verlangen.
Dann kann der Notar die Löschung der Auflassungsvormerkung im Grundbuch beantragen. Dafür braucht er zwar die Zustimmung des Käufers, der muss diese aber auch geben. Denn:
„Diese Verpflichtung ergibt sich nach einem wirksamen Rücktritt vom Kaufvertrag aus dem Rückgewährschuldverhältnis (§ 346 BGB)“, so Rechtsanwalt Mikio André Frischhut.
Wer trägt die Kosten bei der Rückabwicklung des Kaufvertrags?
Scheitert der Immobilienverkauf aufgrund von Zahlungsverzug, entsteht häufig ein größerer finanzieller Schaden. In diesem Fall hat der Verkäufer Schadensersatzanspruch aufgrund der Verzugsschäden vom Käufer (§ 280 Abs. 2 in Verbindung mit § 286 BGB). Dazu gehören zum Beispiel:
- Rechtsverfolgungskosten, wie Mahn- und Anwaltskosten
- Kosten für das Aufsetzen und Rückabwickeln des Kaufvertrages
- der Differenzbetrag, wenn der Verkäufer seine Immobilie nur für einen geringeren Betrag weiterverkaufen kann. „Allerdings muss sich der Verkäufer hier redlich bemühen, die Immobilie zu mindestens dem Kaufpreis wieder zu verkaufen, denn es gilt die Schadensminderungspflicht“, erklärt Rechtsanwalt Gerhard Ostfalk.
- der entgangene Gewinn, den der Verkäufer hätte haben können, wenn er den Erlös aus dem Immobilienverkauf gewinnbringend angelegt hätte.
- der Nutzen, den der Käufer bereits aus der Immobilie gezogen hat (§ 346 Abs. 1, Abs. 2, S. 1 Nr. 1 BGB). Wenn der Käufer also bereits in die nichtbezahlte Immobilie eingezogen ist, muss er auch diesen Mietwertvorteil zurückerstatten.
FAQ – Rückabwicklung eines Kaufvertrags für Immobilien: So gehst du vor!
Welche Alternativen zum Rücktritt vom Immobilienkaufvertrag gibt es?
Wer einen Rücktritt vom Immobilienkaufvertrag ins Auge fasst, sollte diese Entscheidung gut überlegen. Denn der Rücktritt ist meist mit einigem bürokratischen Aufwand verbunden.
Sind die Fronten zwischen Immobilienkäufer und -verkäufer noch nicht verhärtet, kann ein Mediator eine Lösung sein: Er vermittelt unabhängig zwischen Käufer und Verkäufer und versucht, eine Einigung zu erzielen.
Liegt dem Hauskauf eine Täuschung oder ein Irrtum zugrunde, wäre das Anfechten des Kaufvertrages eine Option.
Will der Käufer die Immobilie trotz Schäden oder Mängeln behalten, gibt es stattdessen die Möglichkeit, eine Minderung des Kaufpreises auszuhandeln.
Will der Verkäufer den Kaufvertrag durchsetzen, hat der die Möglichkeit die Zahlung mittels Zwangsvollstreckung oder einem Klageverfahren einzufordern. Außerdem kann er Verzugszinsen vom Käufer verlangen (§ 288 BGB).
Was ist der Unterschied zwischen Rücktritt vom Kaufvertrag und Widerruf?
Das Widerrufsrecht kann freiwillig im notariellen Kaufvertrag vermerkt werden und ermöglicht es beiden Seiten, innerhalb von 14 Tagen ohne Angaben von Gründen den Vertrag zu widerrufen.
Das Rücktrittsrecht kann je nach Einzelfall vereinbart werden, um zu regeln, unter welchen Umständen der Käufer oder Verkäufer vom Immobilienkaufvertrag zurücktreten kann und inwiefern er die Gegenseite dafür entschädigen muss. Wurde im Kaufvertrag kein Rücktrittsrecht vereinbart, so gilt das gesetzliche Rücktrittsrecht.