Der Anstieg der Wohngeldempfänger in Deutschland erreichte Ende 2023 einen neuen Rekord – rund 1,2 Millionen Haushalte bezogen die Leistung. Das bedeutet eine Steigerung von etwa 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, wie das Statistische Bundesamt berichtet. Auf den ersten Blick ein Erfolg für das neue Wohngeld-Plus, doch gleichzeitig wirft dieser Höchststand auch ein düsteres Licht auf den Zustand des deutschen Mietmarkts.
Immer mehr Menschen sind in Deutschland auf Unterstützung durch Wohngeld angewiesen, um sich die Miete leisten zu können. Foto: iStock.com / SDI Productions
Der Grund: Immer mehr Menschen sind auf staatliche Unterstützung angewiesen, um die steigenden Mieten bewältigen zu können.
Mehr Wohngeld dank Wohngeld-Plus-Gesetz: Ein Segen für Bedürftige
Mit dem Wohngeld-Plus-Gesetz, das zum 1. Januar 2023 in Kraft trat, hat die Ampelkoalition einen Schritt unternommen, um Haushalte mit geringem Einkommen zu entlasten. Mehr Menschen erhielten durch die neuen Regelungen Zugang zu Wohngeld, und die ausgezahlten Beträge stiegen deutlich an. Im Schnitt erhielten Haushalte, die ausschließlich Wohngeld bezogen, rund 297 Euro pro Monat – ein Plus von 106 Euro gegenüber dem Vorjahr. Dieses Plus ermöglichte es vielen Familien, weiterhin in ihrem Zuhause zu bleiben, trotz der immer weiter steigenden Mietpreise.
Mit den erhöhten Leistungen reagierte die Bundesregierung auf die zunehmende Wohnungsnot, die vor allem durch stagnierenden sozialen Wohnungsbau und stetig steigende Mietpreise befeuert wird. Doch während die Maßnahme auf der einen Seite für viele Haushalte eine dringend benötigte finanzielle Entlastung darstellt, zeigt sie auf der anderen Seite ein grundsätzliches Problem auf: den zunehmenden Mangel an bezahlbarem Wohnraum.
Der Mietmarkt am Limit: Hohe Mieten und fehlender sozialer Wohnungsbau
Trotz der Erfolgsgeschichte des Wohngeld-Plus-Gesetzes bleiben die Probleme des deutschen Mietmarkts bestehen. Die Mieten steigen vielerorts schneller als die Einkommen, und der soziale Wohnungsbau kann mit der Nachfrage nicht Schritt halten. Bundesweit haben sich die Ausgaben für Wohngeld mehr als verdoppelt und betrugen 2023 rund 4,3 Milliarden Euro – ein Plus von 137 Prozent. Das teilt das Statistische Bundesamt unter Berufung auf Zahlen des Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen mit. Dies zeigt nicht nur den Bedarf an staatlicher Unterstützung, sondern auch das Versagen des Marktes, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
Die regionalen Unterschiede im Bezug von Wohngeld sind dabei nicht zu übersehen. Während in Mecklenburg-Vorpommern 5,5 Prozent der Haushalte auf die staatliche Leistung angewiesen sind, sind es in Bayern lediglich 1,6 Prozent. Dies verdeutlicht, dass die Probleme nicht flächendeckend gleich verteilt sind, sondern in bestimmten Regionen besonders drastisch ausfallen.
Ein Armutszeugnis für den Mietmarkt
Der neue Höchststand bei den Wohngeldempfängern ist sowohl ein Zeichen für den Erfolg der staatlichen Unterstützung als auch ein Armutszeugnis für den deutschen Mietmarkt. Anstatt das eigentliche Problem – die horrenden Mieten und den Mangel an Sozialwohnungen – anzugehen, bleibt der Staat gezwungen, immer höhere Summen an Wohngeld zu zahlen. Doch wie lange kann das als Lösung funktionieren?
Dem Bündnis „Soziales Wohnen“ zufolge, einem Zusammenschluss von Verbänden aus der Immobilienbranche, fehlen in Deutschland 910.000 Sozialwohnungen. Demnach würden immer höhere staatliche Zuschüsse ins Leere führen, wie Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, bekräftigt. Vielmehr brauche es Steuererleichterungen für den Neubau – unter anderem eine Senkung der Mehrwertsteuer für den Bau von Sozialwohnungen von 19 auf 7 Prozent. Zudem mehr Fördergelder für den sozialen Wohnbau.
Ein Balanceakt zwischen Hilfe und Symptombekämpfung
Das Wohngeld-Plus-Gesetz hat vielen Menschen geholfen, ihre Wohnsituation zu stabilisieren. Doch solange keine tiefgreifenden Änderungen im Wohnungsmarkt stattfinden, bleibt diese Maßnahme eine Symptombekämpfung. Der hohe Anstieg der Wohngeldempfänger ist daher weniger ein Grund zur Freude, sondern vielmehr ein alarmierendes Signal, das zum Handeln auffordert.