Noch Anfang der Woche hat Christian Lindner mit einem 18-seitigen Wirtschaftspapier für Aufregung gesorgt – auch in der Immobilienwirtschaft. Doch was bleibt nach dem Ampel-Aus von den Plänen des Ex-Bundesfinanzministers übrig?
Ex-Bundesfinanzminister Christian Lindner. Foto: Bundesministerium der Finanzen / Phototek
Lindners Pläne: Weniger Förderung und weniger Bürokratie
Mit seinem „Sofortprogramm“ wollte Lindner drastische Änderungen einleiten. Eines der Herzstücke: die Abschaffung des Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem viele Förderprogramme für die Gebäudesanierung und den Neubau finanziert werden. Für die Immobilienwirtschaft hieße das konkret weniger Subventionen für effiziente Gebäude und Wärmenetze – ein herber Einschnitt in der derzeit ohnehin angeschlagenen Baubranche. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und Wärmenetze (BEW) stünden damit vor einer ungewissen Zukunft. „Bei einer Angleichung der nationalen und europäischen Klimaziele könnten diese Förderprogramme reduziert oder zeitlich gestreckt werden“, heißt es im Papier.
Auch im Gebäudeenergiegesetz plante Lindner großzügige Fristverlängerungen. So sollte die Pflicht zum Heizungstausch um fünf Jahre nach hinten verschoben werden. Der Anteil an erneuerbaren Energien bei neuen Heizungen sollte nicht sofort auf 65 % steigen, sondern schrittweise erhöht werden. Zusätzlich sollten Zielwerte für erneuerbare Energien in Wärmenetzen im Wärmeplanungsgesetz heruntergesetzt und zeitlich gestreckt werden.
Europaweite Deregulierung und klimaneutrale Zielverschiebung
Lindner setzte nicht nur auf nationale Lockerungen. Auf europäischer Ebene wollte er die Energieeffizienzanforderungen für Gebäude grundsätzlich auf den Prüfstand stellen. Statt Deutschlands ambitioniertem Ziel der Klimaneutralität bis 2045 schlug er vor, sich an den europäischen Standards zu orientieren, was einer Verschiebung um fünf Jahre entsprechen würde. Für die Immobilienwirtschaft, die stark von der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben abhängig ist, hätten diese Änderungen weitreichende Folgen gehabt – insbesondere für die Planung und Finanzierung von Neubauten und Sanierungen.
Bürokratieabbau: Lieferkettengesetz und Vergabegesetz im Visier
Lindners Forderungen gingen jedoch noch weiter. Er plädierte dafür, laufende Gesetzesvorhaben zu stoppen, die für Unternehmen mehr Bürokratie bedeuten könnten. Besonders im Fokus stand dabei das Vergabegesetz, das in der Bauwirtschaft auf Kritik gestoßen war, da es mehr Verwaltungsaufwand vermuten lässt. Auch das Lieferkettengesetz könnte durch den Bürokratieabbau auf der Kippe stehen.
Doch wird von diesen Plänen noch viel umgesetzt werden? Die Immobilienbranche zeigte sich vorsichtig optimistisch, als Lindner seine Ideen präsentierte, denn weniger Bürokratie und weniger strenge Vorgaben bedeuten in der Regel auch weniger Kosten und Planungsaufwand. Doch mit dem möglichen Ende der Ampelkoalition und der unklaren Zukunft Lindners als Finanzminister steht vieles in der Schwebe.
Branchenvertreter hoffen auf Investitionen statt Symbolpolitik
Am Montag traf sich Lindner noch mit Wirtschaftsvertretern, darunter Bauindustrie-Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller, um das 18-seitige Dokument zu besprechen. Müller erklärte der Immobilien Zeitung, dass es an konkreten Handlungsansätzen fehle, um die notwendigen Infrastrukturinvestitionen anzustoßen. „Es braucht schlicht mehr Investitionsmittel“, forderte er und hoffte auf ein produktives Gespräch. Die Bauwirtschaft ist sich einig: Um die Branche in eine nachhaltige und stabile Zukunft zu führen, sind nicht nur weniger Bürokratie, sondern auch gezielte Investitionen nötig.
Ob und wie die Vorschläge Lindners nach dem Ampel-Aus nun weiterverfolgt werden, bleibt abzuwarten.