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Grunddienstbarkeit: Diese Nutzungsrechte gibt es

Mit einer Grunddienstbarkeit haben Nachbarn bestimmte Rechte an einem Grundstück – etwa ein Wegerecht. Gibt es für ein Grundstück eine Grunddienstbarkeit, ist diese im Grundbuch eingetragen. Darauf müssen Eigentümer und Nutzer achten.

Was ist eine Grunddienstbarkeit?

Die Grunddienstbarkeit ist laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) ein Recht, wonach der Eigentümer eines Grundstücks dem Eigentümer eines anderen Grundstücks die Nutzung seines Grundstücks ermöglicht (§ 1018 BGB), etwa weil ein Grundstück in zweiter Reihe genutzt oder eine Leitung verlegt werden soll. Voraussetzung für eine Grunddienstbarkeit ist eine Eintragung im Grundbuch, ein Vertrag reicht nicht aus.

Die Grunddienstbarkeit ist immer an das Grundstück und nicht an den Grundstückseigentümer gebunden (§ 96 BGB). Grundstücke, die mit einer Grunddienstbarkeit belastet sind, heißen in der Fachsprache dienendes Grundstück. Das Nachbargrundstück, das von dem Nutzungsrecht oder Leitungsrecht profitiert, wird als herrschendes Grundstück bezeichnet. Mit Eintragung der Grunddienstbarkeit hat der Eigentümer des herrschenden Grundstücks besondere Rechte.

Das sind die häufigsten Arten von Grunddienstbarkeiten

  • Das Wegerecht: Der Nachbar darf das dienende Grundstück nutzen, um zum Beispiel zu seinem Haus zu kommen. Vor allem bei sogenannten Hammer- oder Hinterliegergrundstücken ist das oft der Fall.
  • Das Leitungsrecht: Der Berechtigte darf seine Leitungen, zum Beispiel für Strom oder Wasser, unter dem dienenden Grundstück verlegen.
  • Das Überbaurecht: Ein Teil des Nachbarhauses darf auf das dienende Grundstück ragen.
  • Eine Bebauungsbeschränkung: Der Grundstückseigentümer darf zum Beispiel keine weiteren Gebäude oder solche errichten, die höher als vorgegeben sind, um dem Nachbarn nicht den freien Blick auf die Landschaft zu verbauen. Als Dienstbarkeit kann der Eigentümer aber auch eine Übernahme der Abstandsfläche ins Grundbuch eintragen lassen.
  • Verzicht auf bestimmte Rechte. Die Grunddienstbarkeit kann neben eingeräumten Rechten auch regeln, dass ein Eigentümer auf bestimmte Rechte verzichtet. Das kann zum Beispiel der Verzicht auf ein Abwehrrecht sein, wenn das Grundstück direkt neben einem landwirtschaftlichen Betrieb liegt und der Eigentümer des dienenden Grundstücks Handlungen, die Lärm oder Schmutz verursachen, duldet.

Weitere Dienstbarkeiten

Neben der Grunddienstbarkeit gibt es noch drei andere sogenannte Dienstbarkeiten:

  • Nießbrauchrecht: Beim Nießbrauch bekommt der Nutznießer umfangreiche Rechte eingeräumt (§§ 1059 und 99 BGB). Eine häufige Form des Nießbrauchrechtes ist zum Beispiel die Belastung einer Immobilie durch das lebenslange Recht einer Person, ein Haus bewohnen oder vermieten zu dürfen und sämtlichen Profit daraus zu ziehen. Dieses Recht ist an den Nutznießer gebunden und kann nicht weitergegeben werden. 
    Hier erfährst du mehr zum Nießbrauchrecht.
  • Beschränkte persönliche Dienstbarkeit: Bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bekommt eine andere Person ein genau abgestecktes Recht zur Nutzung eingeräumt. Zum Beispiel das Wohnungsrecht: Die Person darf ein Gebäude oder einen Teil davon bewohnen und auch ihre Familie oder Pflegeangestellte in die Wohnung aufnehmen (§ 1093 BGB). Aber: Die Rechte sind eingeschränkter als beim Nießbrauch, etwa auf einen bestimmten Teil des Grundstücks und darauf, wie die Person das Grundstück nutzen darf. Zudem ist es an die einzelne Person gebunden (§§ 1090 bis 1093 BGB).
  • Baulasten: In vielen Bundesländern gibt es zudem Baulasten – also öffentlich-rechtliche Verpflichtungen gegenüber der Baubehörde, die Eigentümer bei bestimmten Baumaßnahmen einschränken. Im Gegensatz dazu ist die Grunddienstbarkeit ein zivilrechtliches Rechtsinstitut.

Wo ist die Grunddienstbarkeit eingetragen?

Alle relevanten Informationen zu einer Immobilie stehen im Grundbuch. Dazu gehört auch die Belastung durch eine bestehende Grunddienstbarkeit, die in der Regel in Abteilung zwei des Grundbuches eingetragen ist.

In Sonderfällen ist es möglich, dass eine Grunddienstbarkeit besteht, aber nicht im Grundbuch steht. Zum Beispiel wenn ein Wegerecht als Grunddienstbarkeit im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens eingeräumt wird, das jedoch nur im Flurbereinigungsplan vermerkt ist. Da es eine Folge des Flurbereinigungs-Gesetzes ist, bleibt ein solches Wegerecht laut Bundesgerichtshof dann trotz fehlendem Grundbucheintrag bestehen. (BGH, Az.: V ZR 199/17)

Was brauche ich für eine Grunddienstbarkeit?

Grunddienstbarkeiten vereinbaren Nachbarn, wenn sie die nachbarschaftlichen Beziehungen dauerhaft regeln wollen. Voraussetzung ist in der Regel ein vom Notar selbst entworfener Wortlaut zur Nutzung der Immobilie. Der Notar beglaubigt dann die Unterschriften aller Beteiligten und kümmert sich um die Eintragung der Dienstbarkeit im Grundbuch des dienenden Grundstückes. Daneben kann – muss aber nicht – das gleiche Recht im Grundbuch des herrschenden Grundstücks als sogenannter Herrschvermerk eingetragen werden.

Was müssen Eigentümer eines dienenden Grundstücks dulden?

Wer ein dienendes Grundstück besitzt, muss dennoch nicht alle Handlungen hinnehmen. Das können Eigentümer eines dienenden Grundstücks vom Nachbarn erwarten:

1. Die schonende Ausübung der Grunddienstbarkeit
Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks hat die Pflicht, die Grunddienstbarkeit schonend auszuüben (§ 1020 BGB). Im Klartext: Ein Nachbar mit Wegerecht darf nicht grundlos auf dem Weg auf- und abfahren. Zur Not kann der Eigentümer des dienenden Grundstücks die schonende Nutzung einfordern. „Je nach Situation kann er auf Unterlassung oder Schadensersatz klagen,“ sagt Rechtsanwältin Dr. Christina Unterberger aus Berlin.

2. Die Unterhaltungspflicht des Nachbarn
Benutzt der Nachbar eine Anlage des Eigentümers mit – zum Beispiel den Privatweg – so hat er laut Gesetz ebenso die Pflicht zum Unterhalt und zur Instandsetzung dieser Anlage (§ 1021 BGB). In welchem Umfang dies gilt, kommt auf den Einzelfall an. Laut Unterberger müssen dabei die Interessen gegeneinander abgewogen werden.

3. Das Nutzungsentgelt für den Eigentümer
Der Eigentümer des dienenden Grundstücks hat Anspruch auf Entschädigung für die Nutzung in Form eines Nutzungsentgelts, sofern dies vereinbart wurde. Rechtsanwältin Christiane Feist von der Kanzlei Groenewold Tiedemann Griffel in Hamburg erklärt: „Die Art und Weise, wie das Entgelt gezahlt wird, wird bei der Bestellung der Grunddienstbarkeit festgelegt.“ Die Zahlung erfolgt meist in Form einer Nutzungsrente, ob diese als Jahresbetrag im Voraus oder als monatliche Gebühr erfolgt, kann individuell vereinbart werden. Auch andere individuelle Regelungen für die Entschädigung sind möglich.

Wurde bei der Bestellung der Grunddienstbarkeit aber kein Nutzungsentgelt vereinbart, so hat auch ein neuer Eigentümer nach einem Hausverkauf „keinen Anspruch darauf“, so Feist. Eine nachträgliche Vereinbarung sei nur möglich, wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks zustimmt.

Wie kann eine Grunddienstbarkeit beendet werden?

Wer ein Grundstück kauft, das bereits mit einer Grunddienstbarkeit belastet ist, kann diese in der Regel nur beenden, wenn der Berechtigte des herrschenden Grundstücks zustimmt. Nur in einigen Fällen ist ein Ende auch ohne dessen Zustimmung möglich.
Solche Fälle sind:

  • Eine auflösende Bedingung, wie eine Befristung, wurde vereinbart und tritt ein. Ist diese Frist abgelaufen, endet die Grunddienstbarkeit automatisch. Eine befristete Grunddienstbarkeit kann zum Beispiel sein, dass ein Grundstückseigentümer keine Zufahrt zu seinem Grundstück hat, jedoch in nächster Zeit eine errichten möchte. Der Eigentümer des dienenden Grundstücks kann ihm dann die Nutzung seines Grundstücks für einen festgesetzten Zeitraum gewähren.
  • Die Vorteile für das herrschende Grundstück sind weggefallen und können nicht mehr eintreten. Zum Beispiel bei der Insolvenz des Berechtigten.
  • Die Dienstbarkeit wurde seit geraumer Zeit nicht in Anspruch genommen, weil es ein Hindernis gab. Das Recht auf die Störungsbeseitigung kann dann verjährt sein (§ 1028 BGB). Ein Beispiel im Fall des Wegerechts (BGH, Az.: V ZR 151/13): Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks darf den Feldweg des dienenden Grundstücks mit einem mehrspurigen Fahrzeug befahren. Auf dem Weg sind im Laufe der Jahre zwei Fichten gewachsen, so dass er mit dem Fahrzeug nicht mehr vorbeikommt. Laut Bundesgerichtshof müsste der Nachbar nun fordern, dass dieses Hindernis beseitigt wird. Wenn er sein Wegerecht dadurch gar nicht mehr ausüben kann, hat er dafür 30 Jahre Zeit. Wird er hingegen dadurch nur eingeschränkt, sind es drei Jahre. Danach hat er kein Recht mehr, sich zu beschweren – mit der Verjährung des Beseitigungsanspruchs erlischt auch die Grunddienstbarkeit, soweit der Bestand der Anlage mit der Dienstbarkeit in Widerspruch steht (§ 1028 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Endet eine Grunddienstbarkeit, so kann der entsprechende Grundbucheintrag gelöscht werden. Hierfür müssen beide Parteien zustimmen und der Grundstückseigentümer benötigt eine Löschungsbewilligung des Betroffenen. Diese übergibt er dann einem Notar, der in seinem Auftrag die Löschung der Grunddienstbarkeit beim Grundbuchamt beantragt.

Die Löschungsbewilligung ist allgemein die Zustimmung zur Löschung eines Grundbuchrechtes durch den von der Löschung Betroffenen. Dies kann viele Rechte betreffen, umgangssprachlich wird damit allerdings in der Regel die Bewilligung zur Löschung eines Grundpfandrechtes gemeint, also einer Grundschuld oder Hypothek.

Mindert eine Grunddienstbarkeit den Wert einer Immobilie?

Wer sein Grundstück verkaufen will, sollte eine bestehende Grunddienstbarkeit einpreisen. „Der Eintrag einer Grunddienstbarkeit kann für das belastete Grundstück zu einer gewissen Wertminderung führen,“ warnt Rechtsexpertin Unterberger. Die Höhe der Wertminderung kann ein Immobiliengutachter einschätzen.

Was müssen Käufer bei einer Grunddienstbarkeit beachten?

Haus- und Grundstückskäufern rät Rechtsexpertin Unterberger: „Werfen Sie vor dem Kauf einen Blick ins Grundbuch. Ist darin eine Grunddienstbarkeit eingetragen, so sollten Sie ihren Umfang und Inhalt genau kennen und wissen, ob ein Nutzungsentgelt vereinbart ist.“

Rechtsanwältin Feist ergänzt: „Sie sollten sich daher vor dem Kauf auch die der Grunddienstbarkeit zugrunde liegende Bewilligungsurkunde zeigen lassen.“

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