Die kalte Dunkelflaute bringt Stromkunden mit dynamischen Tarifen an ihre Grenzen: Preise von bis zu 85 Cent je kWh machen Heizen und Stromverbrauch zur teuren Angelegenheit. Doch was steckt hinter diesem Phänomen, und wie könnte die Zukunft aussehen?
Was wenn der Strom plötzlich teuer wird? Foto: iStock.com / acilo
Dunkelflaute: Wetterphänomen lässt Strompreise explodieren
In dieser Woche sind die Strompreise kurzfristig auf bis zu 85 Cent je Kilowattstunde (kWh) gestiegen. Besonders betroffen sind Kunden, die dynamische Stromtarife nutzen und so auf Schwankungen am Strommarkt eigentlich profitieren wollen. Das wurde ihnen aber die Woche zum Verhängnis. Die Ursache für diesen rasanten Preisanstieg war die sogenannte „Dunkelflaute“. Dabei handelt es sich um ein Wetterphänomen, bei dem sowohl Wind- als auch Solarenergie kaum zur Verfügung stehen, weil es gleichzeitig windstill und bewölkt ist. Besonders kritisch wird die Lage, wenn dieses Phänomen in den kalten Wintermonaten auftritt – eine „kalte Dunkelflaute“ wie derzeit.
Die Strompreis-Vorhersagen des Anbieters Tibber, der dynamische Tarife anbietet, zeigen, dass die Preise bereits am Montagabend Spitzenwerte erreichten und am Dienstag sogar auf bis zu 85 Cent kletterten. Der durchschnittliche Preis für den Tag lag bei rund 40 Cent pro kWh, was einen drastischen Anstieg im Vergleich zu den letzten Wochen darstellt.
Steigende Nachfrage und wenig Ökostrom: Konventionelle Kraftwerke springen ein
Wenn weder Sonne noch Wind ausreichend Energie liefern, müssen konventionelle Kraftwerke die Stromversorgung sichern. Das bedeutet: Kohle-, Gas- und manchmal sogar Atomkraftwerke werden hochgefahren, um die nötige Energie bereitzustellen. Die Bundesnetzagentur meldete, dass am Montag mehr als doppelt so viel Strom aus konventionellen Quellen wie aus erneuerbaren Energien kam. Am Spotmarkt, der den Preis für Strom im Day-Ahead-Handel festlegt, sind die Preise entsprechend ebenfalls angestiegen und haben sich im Tagesdurchschnitt verdoppelt.
Dynamische Tarife: Segen oder Fluch?
Dynamische Stromtarife bieten Kunden in Zeiten niedriger Preise Vorteile, da sie den Marktpreis direkt weitergeben. In den letzten Monaten konnten Verbraucher durch solche Tarife oft profitieren, vor allem in Zeiten mit hohem Windaufkommen und niedriger Nachfrage, als die Preise sogar negativ wurden. Doch der aktuelle Fall zeigt auch die Schattenseiten: Die Kunden tragen das volle Risiko bei Preisspitzen und zahlen in Dunkelflautenzeiten ein Vielfaches der sonst üblichen Preise. Neukunden mit herkömmlichen Tarifen sind derzeit besser geschützt und zahlen meist zwischen 24 und 25 Cent je kWh, unabhängig von der Tageszeit und Wetterlage.
Auch Anbieter wie Tibber warnen ihre Kunden vor den hohen Kosten, die eine Dunkelflaute mit sich bringen kann. Die extreme Preissituation sollte voraussichtlich die gesamte Woche andauern, da auch die Wetterprognosen keine Änderung der Windverhältnisse oder stärkere Sonneneinstrahlung vorhersagen.
Ein Blick in die Zukunft: Ist die Dunkelflaute ein dauerhaftes Problem?
Mit der steigenden Abhängigkeit von erneuerbaren Energien wird die Problematik der Dunkelflaute weiter zunehmen. Experten diskutieren daher über verschiedene Lösungen, um die Versorgung in diesen Zeiten stabil und bezahlbar zu halten. Eine Möglichkeit wäre der Ausbau von Energiespeichern, um in Zeiten hoher Produktion Überschüsse zu speichern und bei Bedarf wieder ins Netz zu speisen. Auch eine flexiblere Nutzung von Energie, etwa durch gezieltes Aufladen von Elektroautos oder Wärmespeichern während der Hochproduktion, könnte helfen.
Darüber hinaus wird Deutschland in Zukunft vermutlich vermehrt auf den Import von Strom angewiesen sein, besonders in Zeiten von Dunkelflauten. Atomkraftwerke in Frankreich könnten in solchen Situationen zur Stütze der deutschen Energieversorgung werden, auch wenn die Abhängigkeit von Atomstrom in der Bevölkerung kontrovers diskutiert wird.
Ein weiterer Lösungsansatz ist die Diversifizierung der Stromerzeugung. Wasserkraft, Geothermie und Biomasse könnten die Abhängigkeit von Wind und Sonne verringern und so die Energieversorgung in kritischen Zeiten stabilisieren. Auch ein intelligentes Lastmanagement, das den Verbrauch an die Verfügbarkeit von Strom anpasst, wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen.
Herausforderungen und Chancen für die Energiewende
Die aktuelle Preisentwicklung zeigt die Herausforderungen der Energiewende deutlich auf. Dunkelflauten sind kein seltenes Phänomen und setzen das Stromnetz vor große Probleme. Gleichzeitig zeigen sie die Notwendigkeit, innovative Lösungen zu entwickeln und bestehende Strukturen anzupassen. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist ein wichtiger Schritt, aber es bedarf auch ergänzender Maßnahmen, um die Energieversorgung in Krisenzeiten zu sichern. Verbraucher sollten sich darüber bewusst sein, dass dynamische Stromtarife zwar Sparpotenziale bieten, aber auch mit Risiken verbunden sind – insbesondere, wenn Wetterphänomene wie die kalte Dunkelflaute die Preise in die Höhe treiben.