Durch die fortschreitende Versiegelung der Städte verlieren Böden ihre natürliche Fähigkeit, Wasser aufzunehmen. Zisternen sollen das Problem beheben.
Werden Zisternen bald Pflicht? Foto: stock.adobe.com / travelview
Mit der Zunahme von extremen Wetterereignissen wie Starkregen und Hitzewellen wächst auch der Handlungsdruck auf Kommunen und Länder. Besonders Hessen sieht sich in den letzten Jahren immer wieder mit intensiven Regenfällen und Hochwasser konfrontiert. Parallel dazu stellen lange Trockenphasen eine große Herausforderung für die Wasserversorgung dar. Um diese Klimarisiken abzumildern, erwägt Hessen nun verstärkt den Einsatz von Zisternen als nachhaltige Methode zur Wasserbewirtschaftung.
Starkregen und Trockenheit: Das Dilemma der Versiegelung
Durch die fortschreitende Versiegelung der Städte verlieren Böden ihre natürliche Fähigkeit, Wasser aufzunehmen. Wenn intensive Regenfälle auftreten, kann das Wasser nicht im Boden versickern, sondern fließt ungehindert ab und überlastet oft die Kanalisation, was zu Überschwemmungen führt. Die Zunahme versiegelter Flächen in urbanen Gebieten ist eine der Hauptursachen für die Häufigkeit und Intensität von Überflutungen. Das Gegenteil passiert in heißen Sommern: Es fehlt Wasser, da Regenwasser kaum in die Grundwasserspeicher gelangt und stattdessen direkt in die Kanalisation abgeleitet wird. Die Kombination dieser beiden Extreme stellt ein zunehmendes Problem für viele Städte dar.
Zisternen als Lösung: Nachhaltig und vielseitig einsetzbar
Zisternen – auch als Niederschlagswassernutzungsanlagen bezeichnet – bieten eine potenziell wirksame Lösung für dieses Dilemma. Diese unterirdischen Wasserspeicher sammeln das Regenwasser von Dächern und anderen Auffangflächen und bewahren es für eine spätere Nutzung. Besonders in Trockenperioden kann das gespeicherte Wasser für die Bewässerung von Gärten oder für haushaltsnahe Anwendungen wie die Toilettenspülung genutzt werden. So werden Zisternen zu einem wertvollen Instrument, das die Kanalisation entlastet und gleichzeitig eine unabhängige Wasserversorgung für bestimmte Anwendungen im Haushalt bietet.
In Hessen könnten Zisternen künftig zur Pflicht werden – zumindest bei Neubauten mit größeren Dachflächen. Das hessische Umweltministerium hat eine Muster-Zisternensatzung veröffentlicht, die Kommunen als Vorlage dient, um den Bau privater Regenwasserspeicher zu fördern. Kommunen wie Dietzenbach und Herborn haben bereits lokale Zisternensatzungen eingeführt, während Steinbach im Hochtaunuskreis sogar eine verpflichtende Installation von Zisternen für bestimmte Neubauten vorschreibt.
Die Muster-Zisternensatzung: Eckpunkte und Anforderungen
Die Muster-Zisternensatzung sieht vor, dass Neubauten ab einer Dachfläche von 50 Quadratmetern mit einer Zisterne ausgestattet werden sollen, die mindestens 40 Liter Wasser pro Quadratmeter Auffangfläche speichern kann. Ziel dieser Regelung ist es, das Regenwasser dezentral zu speichern und so die Kanalisation bei Starkregenereignissen zu entlasten. Zudem kann das gespeicherte Wasser als Brauchwasser für Gärten und Toiletten verwendet werden, was den Trinkwasserverbrauch senkt und einen wichtigen Beitrag zur Wassersicherung in Trockenphasen leistet.
Von der Verpflichtung zum Zisternenbau sind jedoch auch Ausnahmen vorgesehen. Beispielsweise können Gebäude, die keine Anschlüsse für Toiletten oder Waschmaschinen haben, von der Regelung ausgenommen werden. Die Muster-Zisternensatzung ist bisher lediglich eine Empfehlung und keine verpflichtende Vorgabe. Es bleibt den einzelnen Kommunen überlassen, ob und in welcher Form sie diese Richtlinien umsetzen möchten.
Smarte Zisternen: Wassermanagement der Zukunft?
Moderne Zisternen sind jedoch weit mehr als bloße Wasserspeicher. Mit der fortschreitenden Digitalisierung könnten smarte Zisternensysteme in der Zukunft dazu beitragen, die Hochwasserresilienz weiter zu steigern. Über Wetterdaten vernetzt, könnten Zisternen rechtzeitig entleert werden, bevor größere Regenmengen zu erwarten sind, und so Überschwemmungen vorbeugen. Bei fortgeschrittenen Systemen könnte das gespeicherte Wasser sogar in Haushalten mit hohem Bedarf verteilt werden, was eine effiziente und nachhaltige Wassernutzung ermöglichen würde.
Insgesamt zeigt das Beispiel Hessen, wie wichtig es ist, auf die zunehmenden Herausforderungen durch den Klimawandel mit kreativen und nachhaltigen Lösungen zu reagieren. Zisternen, die bereits seit der Antike im Einsatz sind, bieten eine effektive Methode, um sowohl das Risiko von Überschwemmungen zu mindern als auch Wasserknappheit zu bekämpfen. Mit der Förderung und eventuell verpflichtenden Einführung solcher Systeme könnten Kommunen einen bedeutenden Beitrag zur Klimaanpassung leisten und ihre Infrastruktur für die Zukunft rüsten.
Abschließend bleibt festzustellen, dass der Klimawandel uns alle dazu zwingt, neue Wege im Umgang mit natürlichen Ressourcen zu finden. Die Einführung einer Zisternenpflicht könnte ein erster Schritt sein, um nicht nur Umweltfolgen zu mindern, sondern auch die Lebensqualität in städtischen Räumen zu verbessern.