Im oberfränkischen Wunsiedel wird die Energiewende neu gedacht. Ein Energiepark, der auf Wasserstoff, Solar- und Windkraft setzt, zeigt, wie regionale Wertschöpfung funktionieren kann. Ein Vorbild für ganz Deutschland?

Das Fichtelgebirge befindet sich im Nordosten Deutschlands. Foto: dariorogler / stock.adobe.com
Wunsiedel: Ein Labor für die Energiewende
Im Herzen des Fichtelgebirges hat Wunsiedel es geschafft, sich einen Platz auf der Landkarte der Energiewende zu sichern. Was als Reaktion auf eine Strukturkrise begann, hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem ambitionierten Modellprojekt entwickelt. Der Energiepark Wunsiedel zeigt, wie man durch die Nutzung regionaler Ressourcen wie Holzresten, Solar- und Windenergie eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft schaffen kann. Der Clou: Eine der größten Elektrolyseanlagen Bayerns speichert Energie in Form von Wasserstoff, der künftig eine noch zentralere Rolle spielen soll.
Wie alles begann: Die Krise als Chance
Wunsiedels Weg zur „Herzkammer der Energiewende“ begann mit einer schweren Wirtschaftskrise. Der Zusammenbruch der Porzellanindustrie führte zu massiven Arbeitsplatzverlusten und Abwanderung. Doch anstatt zu resignieren, setzte die Stadt auf eine zukunftsorientierte Energiepolitik. Schritt für Schritt wurde in erneuerbare Energien investiert: von Photovoltaik über Pellets bis hin zur Windkraft. Heute profitieren nicht nur die Ortsteile von Fernwärme, sondern auch die Umwelt – ein Kreislauf, der Schule machen könnte.
Was Wunsiedel anderen Regionen voraushat
Während viele Städte noch über die Energiewende diskutieren, ist Wunsiedel längst in der Umsetzung. Was macht den Unterschied? Der Schlüssel liegt in der Einbindung der Bürger und der ganzheitlichen Planung: Erzeugung, Speicherung und Vermarktung der Energie greifen perfekt ineinander. Auch innovative Finanzierungsmodelle spielen eine Rolle: Bürgerbeteiligungen und regionale Investoren sichern die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts.
Doch auch die Politik ist gefragt. Ministerpräsident Markus Söder und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck haben das Potenzial erkannt – BR.de berichtete. Wunsiedel könnte Modellcharakter für andere Regionen haben – aber dazu braucht es gezielte Fördermittel und regulatorische Anpassungen. Experten fordern klare gesetzliche Rahmenbedingungen, um Wasserstoffprojekte wirtschaftlicher zu machen und die Netzintegration zu erleichtern.
Wie übertragbar ist das Modell?
Wunsiedel zeigt eindrucksvoll, dass die Energiewende nicht nur aus großen Projekten besteht, sondern durch regionale Lösungen vorangetrieben werden kann. Doch kann dieses Modell auf andere Regionen übertragen werden? Kritiker merken an, dass nicht jede Region über ähnliche geografische und wirtschaftliche Voraussetzungen verfügt. Zudem sind für die flächendeckende Umsetzung der Wasserstofftechnologie noch technologische Fortschritte und eine bessere Infrastruktur notwendig.
Ein weiteres Problem ist die Netzkapazität. Ohne den schnellen Ausbau von Stromtrassen und Speichermöglichkeiten bleiben viele Potenziale ungenutzt. Hier sind Bund und Länder gefragt, um den Ausbau erneuerbarer Energien – der Anteil von Ökostrom hat einen neuen Rekord erreicht – besser mit der Netzinfrastruktur zu verzahnen.
Wunsiedel ein Vorbild für Deutschland?
Wunsiedel zeigt, dass die Energiewende machbar ist – mit klarer Planung, Engagement und regionalen Ressourcen. Die Stadt hat es geschafft, lokale Akteure, Bürger und Politik zusammenzubringen. Doch die Übertragbarkeit auf andere Regionen hängt stark von politischen Entscheidungen und Investitionen in die Infrastruktur ab. Was sicher ist: Die Aufmerksamkeit, die Wunsiedel auf sich zieht, könnte dem Projekt den nötigen Rückenwind verschaffen, um Deutschlands Energieprobleme langfristig zu lösen.
Tipp: Ein weiteres deutsches Pilotprojekt in Sachen Energiewende soll in Rheinland-Pfalz entstehen.