Eigentümer neu gebauter Immobilien sollen wieder von höheren steuerlichen Abschreibungen profitieren können. Um den Wohnungsneubau anzukurbeln, will die Bundesregierung die degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) für Wohngebäude wieder einführen – mit deutlich höheren Abschreibungssätzen in den ersten Jahren. Was das für Investoren bedeutet, klärt unser Beitrag.
Übersicht
Was ist die neue degressive AfA?
AfA steht für Absetzung für Abnutzung. Jedes Jahr kann ein bestimmter Prozentsatz der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden, was die Steuerlast mindert. Die degressive Abschreibung auf Abnutzung für Wohngebäude ist ein zentraler Baustein des Wachstumschancengesetzes. Mit der neuen degressiven AfA soll in den ersten Jahren ein deutlich höherer Abschreibungssatz gelten. Die neue AfA ist demzufolge als degressive AfA ausgestaltet, die sich von der herkömmlichen linearen AfA unterscheidet.
Was ist die lineare Afa?
Bei der linearen AfA wird über den gesamten Abschreibungszeitraum ein fester Prozentsatz abgeschrieben. Bei Altbauten beträgt die AfA hierzulande 2, beziehungsweise 2,5 Prozent der Anschaffungskosten über einen Zeitraum von 50, beziehungsweise 40 Jahren. Bei Neubauten liegt sie aktuell noch bei 3 Prozent über 33 Jahre. Rund 20 Jahre lang gab es in Deutschland nur die lineare AfA.
- Hier findest du eine Beispielrechnung zur linearen AfA.
Was ist die degressive AfA?
Bei der jetzt geplanten Wiedereinführung der degressiven AfA ändert sich der Abschreibungssatz während des Abschreibungszeitraums. In den ersten Jahren ist die Abschreibung dann deutlich höher als bei der linearen AfA.
Wie soll die neue AfA konkret ausgestaltet sein?
Geplant ist, dass Bauherren und Käufer neuer Mietwohnungen im ersten Jahr 5 Prozent der Anschaffungs-, beziehungsweise Herstellungskosten von ihrem zu versteuernden Einkommen abziehen können. In den Folgejahren können jeweils 5 Prozent vom verbleibenden Restbuchwert abgesetzt werden. Ein Wechsel zur linearen AfA ist möglich.
Dabei gibt es bei den Baukosten keine Obergrenzen – es werden also auch sehr luxuriöse und teure neue Wohnungen gefördert. Allerdings muss der energetische Standard mindestens dem KfW-Effizienzstandard 55 entsprechen, um die Förderung in Anspruch nehmen zu können. Die Förderung soll für alle Projekte mit einem Baubeginn ab dem 1. Oktober 2023 bis zum 30. September 2029 gelten. Handelt es sich um eine Eigentumswohnung, so muss der Kaufvertrag innerhalb dieser Zeitspanne geschlossen worden sein.
Achtung: Nachdem der Bundesrat das Wachstumschancengesetz zunächst blockiert hat, hat der Bundestag nun eine modifizierte Fassung beschlossen. Dieses sieht nurmehr 5 statt 6 Prozent degressive AfA vor. Das Gesetz muss jetzt erneut den Bundesrat passieren.
Grund für die geplante neue AfA
400.000 neue Wohnungen jährlich – so lautet das erklärte Ziel der Bundesregierung, das aktuell jedoch krass verfehlt wird. Betrachtet man die aktuellen Zahlen von Baugenehmigungen, wäre gar die Hälfte der geplanten Zahl noch optimistisch. Infolge galoppierender Baupreise und gestiegener Zinsen geht die Fertigstellung von Neubauten und insbesondere die Genehmigung neuer Bauvorhaben so massiv zurück, dass das Ziel inzwischen in sehr weite Ferne gerückt ist. Um dem entgegenzuwirken, soll die neue degressive AfA die Neubautätigkeit puschen.
Beispielrechnung: So hoch ist die Förderung
Wer neue Wohnungen baut, soll künftig von einer hohen Abschreibung profitieren. Doch lohnt sich das auch? Foto: Animaflora PicsStock / stock.adobe.com
Das Ehepaar Scholz hat ein jährliches zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 120.000 Euro und erwirbt von einem Bauträger eine Eigentumswohnung für 650.000 Euro. Im Kaufpreis enthalten ist auch der anteilige Wert des Grundstücks in Höhe von 150.000 Euro, der nicht über die AfA abgesetzt werden kann. Abschreiben kann Familie Scholz also nur 500.000 Euro.
Zur Finanzierung nimmt Familie Scholz ein Darlehen in Höhe von 500.000 Euro auf, für das 4 Prozent Zinsen und 2 Prozent Tilgung fällig werden, das entspricht einer Monatsrate von 2.500 Euro. Den Rest des Kaufpreises und die Kaufnebenkosten (rund 200.000 Euro) stemmt das Ehepaar Scholz mit Eigenkapital. Die Zinsen (nicht jedoch die Tilgung!) können steuermindernd abgezogen werden. Die Wohnung wird für monatlich 1.500 Euro, jährlich also 18.000 Euro vermietet.
Im ersten Jahr der Abschreibung sieht die Rechnung in etwa wie folgt aus:
zu versteuerndes Jahreseinkommen (alt) | 120.000 Euro |
plus Mieteinnahmen | 18.000 Euro |
abzüglich degressiver AfA (5 % von 500.000) | 25.000 Euro |
abzüglich Zinsen (circa) | 20.000 Euro |
zu versteuerndes Jahreseinkommen (neu) | 93.000 Euro |
Das zu versteuernde Einkommen sinkt demzufolge im ersten Jahr der Abschreibung um 32.000 Euro. Bei der degressiven AfA kann in den Folgejahren aber jeweils immer nur der um die Abschreibung des Vorjahres verringerte Restwert der Immobilie mit dem erhöhten Abschreibungssatz abgeschrieben werden. Der abschreibungsfähige Restwert der Immobilie entwickelt sich in den ersten 6 Jahren wie folgt:
1. Jahr: 500.000 Euro (Abschreibung: 25.000 Euro)
2. Jahr: 475.000 Euro (Abschreibung: 23.750 Euro)
3. Jahr: 451.250 Euro (Abschreibung: 22.562,50 Euro)
4. Jahr: 428.687,50 Euro (Abschreibung: 21.434,40 Euro)
5. Jahr: 407.253 Euro (Abschreibung: 20.362,70 Euro)
6. Jahr: 386.890,30 Euro (Abschreibung: 19.344,50 Euro)
Restwert im 7. Jahr zum angenommenen Wechsel zur linearen AfA: 367.545,80 Euro
Familie Scholz dürfte also in den kommenden 6 Jahren jeweils eine fünfstellige Summe im unteren Bereich an Steuern sparen. Allerdings übersteigen die laufenden Kosten aus Zinsen und nicht absetzbarer Tilgung mit 30.000 Euro die Mieteinnahmen erheblich. In Summe erwirtschaftet die Familie also künftig keinen Überschuss, sondern hat etwas weniger Geld in der Haushaltskasse. Denn zusätzlich sollte die Familie auch noch Rücklagen für künftige Instandhaltungen bilden und muss nicht umlagefähige Nebenkosten, etwa für die Hausverwaltung tragen.
Familie Scholz entscheidet sich ab dem 7. Jahr für einen Wechsel zur linearen AfA. Es können dann gleichbleibend hohe Abschreibungen vorgenommen werden, bis die Immobilie zu 100 Prozent abgeschrieben ist. Zudem können dann auch weniger Zinsen abgesetzt werden, da ein Teil des Darlehens bis dahin ja schon zurückgezahlt ist und bei einem Annuitätendarlehen die Zinsen nur auf die Restschuld zu zahlen sind, während der nicht absetzbare Zinsanteil an der Darlehensrate steigt. Ab dem 7. Jahr sieht die Berechnung unter Berücksichtigung nachfolgender Annahmen dann wie folgt aus:
Annahmen:
- Die Jahresmiete steigt bis dahin um 2.000 Euro auf 20.000 Euro
- Das zu versteuernde Einkommen der Familie steigt auf 130.000 Euro
zu versteuerndes Jahreseinkommen (alt) | 130.000 Euro |
plus Mieteinnahmen | 20.000 Euro |
abzüglich lineare AfA (3 % von 344.935) | 11.026 Euro |
abzüglich Zinsen (circa) | 17.000 Euro |
zu versteuerndes Jahreseinkommen (neu) | 121.974 Euro |
Ab dem 7. Jahr sinkt das zu versteuernde Einkommen nur noch um rund 8.000 Euro jährlich, was zu einer deutlich geringeren Steuerersparnis führt. Die laufenden Kosten für Zinsen und Instandhaltungen lassen sich durch die Mieteinnahmen und die Steuerersparnis nicht mehr decken. Das verfügbare Einkommen der Familie Scholz sinkt demzufolge.
Ein weiterer Knackpunkt: Familie Scholz hat beim Kauf rund 200.000 Eigenkapital eingesetzt. Hätte das Paar dieses Geld anderweitig angelegt, hätte es daraus Erträge etwa in Form von Zinsen erzielen können.
Kritik an der geplanten degressiven AfA
Nach Ansicht der Baubranche geht die neue AfA nicht weit genug. Um Investitionen in den Neubau anzukurbeln, bedürfe es weiterer Anreize wie etwa Zinsverbilligungen, Zuschüsse, geringere Grunderwerbsteuer und geringere Baustandards, mahnt etwa der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB). Bei den derzeitigen Baukosten wären Investitionen in den Neubau also erst dann attraktiv, wenn eine extrem hohe Miete erzielbar wäre und der Steuerpflichtige ein Einkommen im Bereich des Spitzensteuersatzes hat. Dieses Dilemma lässt sich auch durch eine noch so hohe Abschreibung nicht wirklich lösen.