Wer kennt es nicht, das beliebte Kinderspiel „Das ist das Haus vom Nikolaus“? Doch kaum jemand ahnt, dass es möglicherweise ein reales Vorbild für dieses Gebäude geben könnte.
Die Nikolauskapelle in Ulm. Foto: Didi43
Ein unscheinbares Bauwerk im Herzen von Ulm, die Nikolauskapelle, lässt vermuten, dass die Zeichnung und der berühmte Reim nicht nur bloße Erfindung sind, sondern auf eine jahrhundertealte Tradition zurückgehen.
Die Nikolauskapelle in der Neuen Straße 102, ehemals Schelergasse 11, gilt als ältester erhaltener Sakralbau der ehemaligen Reichsstadt Ulm und stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert. Ein kaiserlicher Notar namens Marquard ließ sie neben seinem Steinhaus errichten. Möglicherweise weihte er die Kapelle seinem Namenspatron, dem heiligen Nikolaus.
Die Kapelle selbst besitzt einen schlichten rechteckigen Grundriss mit einem spitzen Satteldach, das frappierend an die Silhouette des Hauses vom Nikolaus erinnert. Die charakteristische Binnenzeichnung, die im Kinderspiel wie ein Kreuzanker oder eine Stahlseilverspannung wirkt, ist jedoch ein kreativer Zusatz, der im Originalbau nicht vorhanden ist. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass die Kapelle und das Spiel architektonische Gemeinsamkeiten teilen.
Herkunft des Spiels und sein Bezug zum Nikolaus
Das Zeichenspiel begeistert seit Generationen Kinder. Mit acht Strichen wird das Haus gezeichnet, begleitet von der Melodie des Reims: „Das-ist-das-Haus-vom-Ni-ko-laus.“ Doch warum gerade Nikolaus? Eine Erklärung könnte die Ähnlichkeit des Spitzdaches mit der Mitra des Heiligen sein. Eine andere Theorie führt den Namen schlicht auf den Reim und die passende Silbenzahl zurück. Die historische Verbindung zu Ulm gibt diesem Spiel jedoch eine neue, spannende Dimension.
Schon gewusst? Es gibt 88 verschiedene Lösungswege für das Haus vom Nikolaus:
Ob das Spiel tatsächlich aus dem Mittelalter stammt, bleibt Spekulation. Es ist denkbar, dass ein Ulmer Bürger gegenüber der Nikolauskapelle saß, sich mit einer Skizze des Bauwerks die Zeit vertrieb und dabei den Reim erfand, der Kindern bis heute hilft, das Haus in einem Zug zu zeichnen. Vielleicht war es sogar der Notar Marquard selbst, der mit seiner Baukunst unbewusst die Grundlage für das Spiel legte.
Warum kommt der Nikolaus am 6. Dezember?
Die Tradition des Nikolaustages hat ihren Ursprung im Leben des heiligen Nikolaus von Myra, der im 4. Jahrhundert in der heutigen Türkei lebte. Als Bischof war Nikolaus für seine Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft bekannt. Zahlreiche Legenden ranken sich um ihn, darunter die Geschichte, dass er drei armen Mädchen Goldstücke schenkte, um ihnen eine Heirat zu ermöglichen.
Der 6. Dezember markiert den Todestag des Heiligen und wird seit dem Mittelalter als Gedenktag gefeiert. Über die Jahrhunderte entwickelte sich daraus der Brauch, Kindern an diesem Tag kleine Geschenke oder Süßigkeiten zu überreichen. In vielen Ländern Europas ist der Nikolaus bis heute ein fester Bestandteil der Vorweihnachtszeit.
So schließt sich der Kreis: Das Haus vom Nikolaus, ob als Kinderspiel oder reales Bauwerk, erinnert nicht nur an ein altes Rätsel, sondern auch an einen Mann, dessen Taten die Adventszeit bis heute prägen.