Trotz anhaltender Wohnungsnot stehen in Hessen etwa 120.000 Wohnungen leer. Die Landesregierung plant nun ein Gesetz, um gegen diesen Leerstand vorzugehen – eine Idee, die kontrovers diskutiert wird.
Restaurierte Fassaden von Altbauten im Nordend. Aber nicht immer sind alle Wohnungen belegt. Foto: stock.adobe / Martin Debus
Leerstand in Hessen: Ein Problem, das nach Lösungen schreit
In der Fischerfeldstraße in Frankfurt steht ein Mehrfamilienhaus seit etwa zehn Jahren leer. Die Rollläden hängen schief, die Fassade ist von Graffiti übersät, und Unkraut wächst unter der Haustür hervor. Dabei wären diese zentral gelegenen Wohnungen auf dem angespannten Frankfurter Wohnungsmarkt ein absoluter Renner. Das Gebäude gehört der städtischen Stiftung "Hospital zum Heiligen Geist," die immer wieder von geplanten Neubauten spricht – jedoch ohne konkreten Zeitplan.
Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) sieht hierin ein Symptom eines größeren Problems. Laut dem Ministerium stehen allein in Frankfurt 13.000 Wohnungen leer. "Das ist nicht akzeptabel," erklärt Mansoori und kündigt ein neues Gesetz an, das Leerstand eindämmen soll.
Was sieht das Gesetz vor?
Die Kernidee des Gesetzes: Wohnungen dürfen höchstens sechs Monate leer stehen. Ausnahmen sollen nur in begründeten Fällen gelten, etwa bei laufenden Sanierungen oder ungeklärten Besitzverhältnissen. Können Eigentümer keinen triftigen Grund für den Leerstand vorweisen, droht ihnen ein Bußgeld. Die Umsetzung liegt jedoch bei den Kommunen, die entsprechende Satzungen erstellen müssen.
Frankfurt, Wiesbaden und Kassel signalisieren bereits Interesse an dem Gesetz. Wiesbaden etwa sieht vor allem spekulativen Leerstand als Problem: Manche Eigentümer halten ihre Immobilien absichtlich leer, um sie später teurer zu verkaufen. Auch Frankfurt erinnert an das frühere "Zweckentfremdungsverbot," das bis 2004 galt und damals als wirksames Mittel gegen Leerstand bewertet wurde.
Kritische Stimmen und Bürokratie-Sorgen
Nicht alle sind von dem Vorhaben überzeugt. Der Eigentümerverband "Haus und Grund Hessen" sieht in dem Gesetz vor allem Bürokratie: Der Nutzen sei gering, der Aufwand enorm. "Es gibt gar kein Leerstandsproblem," betont Geschäftsführer Younes Frank Ehrhardt. Eine Leerstandsquote von rund vier Prozent sei für einen funktionierenden Wohnungsmarkt notwendig.
Ähnlich kritisch äußert sich der Verband der südwestdeutschen Wohnungswirtschaft. Auch hier wird vor einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand gewarnt, ohne dass eine spürbare Entlastung des Wohnungsmarktes zu erwarten sei.
Wird das Gesetz den Wohnungsmarkt revolutionieren?
Minister Mansoori selbst räumt ein, dass das Gesetz keine Wunder bewirken wird. Er spricht von einigen tausend Wohnungen, die durch die Regelung neu vermietet werden könnten. "Aber jeder Beitrag zählt," so der Minister. Der Fokus müsse trotzdem auf dem Neubau von Wohnungen liegen.
Ironischerweise könnte die Stadt Frankfurt mit ihrer eigenen Stiftung ein Beispiel setzen: Sollte das Gesetz verabschiedet werden, müsste die Stiftung "Hospital zum Heiligen Geist" plausibel erklären, warum das Gebäude in der Fischerfeldstraße weiterhin leer steht.
Ein kleiner Schritt in die richtige Richtung?
Das geplante Gesetz ist ein Versuch, dem Leerstand in Hessen entgegenzuwirken. Es bleibt jedoch fraglich, wie groß sein Einfluss auf den angespannten Wohnungsmarkt wirklich sein wird. Während Kritiker vor zu viel Bürokratie warnen, sehen Befürworter das Gesetz als wichtiges Signal. Sicher ist: Der Kampf gegen Wohnungsmangel ist längst nicht gewonnen – und der Neubau bleibt entscheidend.