Ratgeber

Wohnrecht: Fürs Alter absichern und Steuern sparen

Wer ein Wohnrecht eingeräumt bekommt, darf ein Haus oder eine Wohnung bewohnen, ohne selbst Eigentümer zu sein. Wann sich ein lebenslanges Wohnrecht lohnt und welche Vertragsinhalte wichtig sind.

Was bedeutet Wohnrecht?

Mit einem vertraglich festgesetzten Wohnrecht erhält eine Person die Befugnis eine Immobilie zu bewohnen, ohne selbst Eigentümer zu sein. Geregelt ist das Wohnrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch  als persönliche Dienstbarkeit (§ 1093 BGB). Das heißt, das Recht ist personengebunden. Es kann nicht vererbt oder auf andere Personen übertragen werden. Alle weiteren Ausprägungen des Wohnrechts wie die Dauer – also ob es befristet oder lebenslang gilt – müssen in einem notariell beglaubigten Vertrag festgehalten werden.

Was ist der Unterschied zwischen Wohnrecht, Nießbrauchrecht und Dauerwohnrecht?

Im Unterschied zum Wohnrecht erlaubt das Nießbrauchrecht weit mehr: Der Nießbrauchberechtigte darf die Immobilie beispielsweise auch vermieten. Eines haben aber Wohnrecht und Nießbrauchrecht gemein: Die Berechtigten dürfen die Immobilie weder verkaufen noch vererben.

Auch das Dauerwohnrecht bezeichnet wie das Nießbrauchrecht die Berechtigung, eine Wohnung selbst zu nutzen oder zu vermieten, ohne Eigentümer der Wohnung zu sein. Im Gegensatz zu den anderen Rechten kann ein Dauerwohnrecht allerdings vererbt und oder an andere Personen weitergegeben werden, wenn es nach Wohnungseigentumsgesetz vereinbart wird.

Für wen bietet sich ein Wohnrecht an?

Ein Wohnrecht ist für Personen sinnvoll, die die Eigentumsverhältnisse noch zu Lebzeiten klären möchten und gleichzeitig in der Immobilie wohnen bleiben wollen:

  • Eltern, die ihre Immobilie an ein Kinder verschenken wollen: Die Eltern sind mit einem lebenslangen Wohnrecht abgesichert, sodass sie bis zu ihrem Tod weiterhin zu Hause wohnen können. Vorteil für die Kinder: Sie können oft Erbschafts- und Schenkungssteuer sparen. Doch Achtung: Seit 2023 sind Beschenkte schneller im steuerpflichtigen Bereich. Denn aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts muss bei der Wertermittlung der Immobilie künftig der tatsächliche Verkehrswert zum Ansatz kommen. Eine Alternative wäre das Haus ans Kind zu verkaufen.
  • Alternde Immobilieneigentümer ohne Nachwuchs: Es gibt kommerzielle Anbieter, die Immobilien von Senioren erwerben. Im Gegenzug erhalten die Eigentümer ein lebenslanges Wohnrecht und eine monatliche Zusatzrente – die sogenannte Verrentung der Immobilie. Daneben gibt es den Teilverkauf, über den Anbieter bis zu 50 Prozent der Immobilie erwerben und den ermittelten Marktwert der Immobilie auf einmal auszahlen. Vorsicht: Ob sich solche Modelle lohnen, muss individuell abgewogen werden.
  • Unternehmer und Freiberufler: Ein Unternehmer kann beispielsweise seinem Ehepartner die gemeinsam genutzte Immobilie schenken und sich ein Wohnrecht einräumen lassen. Gerät der Unternehmer später in Insolvenz, so haben seine Gläubiger keinen Zugriff auf die Immobilie. Räumt ein Eigentümer sich selbst ein Wohnrecht ein, um seine Immobilie vor dem Insolvenzverwalter zu schützen, ist dies nach einem BGH-Urteil nicht möglich. Auch das Wohnrecht ist im Fall einer Insolvenz demnach pfändbar (Az. V ZB 64/21).

Wie wird das Wohnrecht vereinbart?

Das Wohnrecht muss schriftlich in einem notariell beglaubigten Vertrag festgehalten werden. Dieser Vertrag beinhaltet alle Rechte und Pflichten sowohl des Eigentümers als auch des Wohnberechtigten. Daneben werden mindestens diese weiteren Punkte im Wohnrechtsvertrag geregelt:

  • Wohnrecht kann befristet oder unbefristet sein – auch individuelle Vereinbarungen sind möglich. Ein unbefristetes Wohnrecht wird auch lebenslanges Wohnrecht genannt und erlischt erst mit dem Tod des Berechtigten.
  • Wohnrecht kann entgeltlich oder unentgeltlich vereinbart werden. Es kann also eine monatliche Miete oder eine einmalige Zahlung festgelegt werden.
  • Wohnrecht kann für die gesamte Immobilie oder nur für einen Teil davon eingeräumt werden.

Muss das Wohnrecht ins Grundbuch eingetragen werden?

Ein Wohnrecht muss nicht ins Grundbuch eingetragen werden – es ist aber auf jeden Fall ratsam. Denn so ist der Wohnberechtigte gegenüber Dritten geschützt, beispielweise bei einem Verkauf der Immobilie – sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde.

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Wohnrecht?

Das Verhältnis zwischen Eigentümer und Wohnberechtigtem ist im Bürgerlichen Gesetzbuch in Paragraph 1093 geregelt. Daraus ergeben sich für beide Seiten folgende Rechte und Pflichten, die in einem Wohnrechtsvertrag auch individuell ausgestaltet werden können:

  • Nutzungs- und Aufnahmerecht: Das Wohnrecht kann sich auf ein Gebäude oder einen Teil eines Gebäudes erstrecken, das der Wohnberechtigte nutzen darf (§1093 BGB). Ist das Wohnrecht auf einen Teil des Gebäudes beschränkt, kann auch vereinbart werden, dass es gemeinschaftliche Anlagen und Einrichtungen gibt, die der Berechtigte mitbenutzen darf – zum Beispiel die Küche.
    Der Berechtigte darf seine Familie sowie die Haushaltsangestellte und zur Pflege erforderlichen Personen in seiner Wohnung aufnehmen. Das heißt, wer zum Beispiel später pflegebedürftig ist, kann Pflegepersonal in die Wohnung aufnehmen.
  • Betretungs- und Besichtigungsrecht: Der Eigentümer darf die Wohnung des Wohnberechtigten grundsätzlich nicht betreten. Damit ist der Wohnberechtigte gegenüber einem Mieter deutlich höhergestellt, der den Vermieter unter Umständen in die Wohnung lassen muss.
  • Nebenkosten, Reparatur- und Sanierungskosten: Beim Wohnrecht trägt in der Regel der Berechtigte die laufenden Kosten. Dazu zählen etwa die Kosten für Strom, Wasser, sowie die Kosten für Schönheitsreparaturen und kleinere Reparaturen an der Immobilie. Auch die Grundsteuer übernimmt der Wohnberechtigte. Der Eigentümer trägt die Kosten für außergewöhnliche Unterhaltung, wie die Erneuerung der Heizungsanlage oder notwendige Renovierungs- oder Sanierungsmaßnahmen an der Gebäudehülle. Im Notarvertrag kann dies jedoch auch individuell geregelt werden: Etwa, dass der Wohnberechtigte eine laufende Nutzungsentschädigung zu zahlen hat oder umgekehrt, dass der Eigentümer auch die Betriebskosten übernimmt.

Achtung: Wird eine Immobilie verschenkt und ein Wohnrecht für den bisherigen Bewohner eingetragen, können sich neue Verpflichtungen hinsichtlich des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) ergeben: Handelt es sich um ein Ein- oder Zweifamilienhaus, das vom Eigentümer schon vor dem Februar 2002 bewohnt wurde, war dieser von energetischen Nachrüstpflichten wie etwa der Dämmung der obersten Geschossdecke befreit. Durch den Eigentümerwechsel entfällt diese Befreiung: Binnen zwei Jahren müssen die vorgeschriebenen energetischen Sanierungen durchgeführt werden.

Fallen beim Wohnrecht Steuern an?

Steuerrechtlich erhält der Wohnberechtigte einen geldwerten Vorteil aus dem Wohnrecht, da er in der Regel mietfrei wohnt – er gilt als Beschenkter. Diesen Vorteil besteuert das Finanzamt folglich mit der Schenkungssteuer, für die zunächst der Wert des Wohnrechts ermittelt werden muss:

Formel zur Berechnung des Wohnrechts

Wert des Wohnrechts = Jahresmiete x Kapitalwertfaktor

  • Jahresmiete: Die Nettokaltmiete für 12 Monate; bei Häusern ist eine fiktive Jahresmiete anzusetzen, die du über den Mietpreisspiegel deiner Stadt oder Gemeinde herausfindest.
  • Der Kapitalwertfaktor ist ein Vervielfältiger, der sich bei einem lebenslangen Wohnrecht auf die durchschnittliche Restlebenserwartung des Wohnberechtigten bezieht. Diese Tabelle wird vom Bundesministerium der Finanzen erstellt und ist. Wenn das Wohnrecht befristet ist, gilt die Tabelle des Bundesministeriums für Justiz.

Beispielrechnung zum Wert des Wohnrechts: Für eine Wohnung beträgt die Jahresnettokaltmiete 9.600 Euro (800 Euro pro Monat). Die Wohnberechtigte ist weiblich und 60 Jahre alt, was laut Tabelle des Bundesministeriums der Finanzen einen Kapitalwertfaktor von 13,889 ergibt. 
Wert des Wohnrechts = 9.600 Euro x 13,889 = 133.334,40 Euro
Das Wohnrecht ist in unserem Beispiel also 133.334,40 Euro wert.

Ist die Wohnberechtigte aus dem Beispiel die Mutter des Eigentümers, liegt ihr Schenkungsfreibetrag bei 20.000 Euro. Sie muss also für 113.334,40 Euro eine Schenkungssteuer in Höhe von 30 Prozent zahlen, wenn sie in Steuerklasse 3 ist. Das sind 33.990 Euro.

Beim neuen Eigentümer, der ebenfalls als Beschenkter gilt und entsprechend eine Schenkungssteuer zahlen muss, wird wiederum der Wert des Wohnrechts vom zu besteuernden Immobilienwert abgezogen.

Darf ich eine Immobilie mit Wohnrecht verkaufen?

Da ein Wohnrecht auch bei Verkauf bestehen bleibt, wirkt es sich wertmindernd auf die Immobilie aus, verkaufen dürfen Eigentümer das Haus oder die Wohnung trotzdem. Eine Einwilligung des Eigentümers ist in diesem Fall nicht nötig.

Ist eine Immobilie mit Wohnrecht weniger wert?

Der Wert einer Immobilie wird um den Wert des Wohnrechts verringert, der mit der Formel Jahresmiete x Kapitalwertfaktor berechnet wird. Haben Eigentümer den Wert des Wohnrechts ermittelt, können sie mit folgender Formel den Verkehrswert der Immobilie ermitteln:

Verkehrswert = Immobilienwert - Wert des Wohnrechts

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Darf der Eigentümer ein Wohnrecht entziehen?

Will der Eigentümer das Wohnrecht wieder entziehen, so ist dies in der Regel nur mit der Zustimmung des Berechtigten möglich.

Allerdings: Innerhalb einer Zehnjahresfrist kann eine Schenkung und eine damit einhergehende Einräumung des Wohnungsrechts auch rückgängig gemacht werden – unter bestimmten Voraussetzungen: „Ein Rücktritt ist vorgesehen für den Fall, dass das Kind in finanzielle Schwierigkeiten gerät und in die Immobilie zwangsvollstreckt wird oder das Kind in die Insolvenz fällt“, sagt Notar Andreas Kühnelt. Dadurch solle verhindert werden, dass der Gegenwert der Immobilie zur Schuldentilgung der Kinder eingesetzt wird, während die Eltern noch leben. Ein Rücktritt ist auch möglich, wenn das beschenkte Kind vor den Eltern verstirbt. Zudem können die Eltern die Schenkung wegen groben Undanks oder eigener Verarmung widerrufen.

Was passiert mit dem Wohnrecht nach einer Zwangsversteigerung?

Kommt es nach Ablauf der Zehnjahresfrist zur Zwangsvollstreckung – was oft nach einer Insolvenz der Fall ist – und im Zuge dessen zur Zwangsversteigerung, so kann die Schenkung nicht rückgängig gemacht werden. Auch das Wohnrecht steht dann auf dem Spiel. Hierbei ist der Rang, mit welchem es im Grundbuch eingetragen ist, entscheidend. Ist die Bank der Gläubiger, stehen die Chancen oft schlecht: Diese will bei der Finanzierung meist an die erste Rangliste ins Grundbuch. Ist die Bankenhypothek ranghöher eingetragen, erlischt das Wohnrecht.

Wann endet das Wohnrecht?

Ein lebenslanges beziehungsweise unbefristetes Wohnrecht endet mit dem Tod des Wohnberechtigten. Ist das Wohnrecht befristet, erlischt es mit Tag der Befristung und ein bedingtes Wohnrecht mit Eintritt der vertraglich vereinbarten Bedingung. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn der Wohnberechtigte ins Pflegeheim muss.

Ein Wohnrecht kann ebenfalls enden, wenn die Räume der Immobilie zerstört und unbewohnbar werden. Nach BGB tritt in diesem Fall Unmöglichkeit ein (§ 323 BGB).

Ist das Wohnrecht vererbbar?

Da das Wohnrecht personengebunden ist, kann es weder vererbt noch anderweitig auf Dritte übertragen werden.

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1 Kommentar

taxpert am 08.11.2024 11:15

Der Artikel ist hinsichtlich der steuerlichen Auswirkung eine Wohnrechtes sehr unglücklich formuliert, das Beispiel schlicht falsch!

Natürlich stellt das Wohnrecht, dass ein Eigentümer einer ritten Person unentgeltlich einräumt, eine... mehr

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