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Unfaire Behandlung von Eigentümern? BGH verhandelt über Kostenverteilung in WEG

In wenigen Wochen verhandelt der Bundesgerichtshof 2 richtungsweisende Fälle zur Neuverteilung von Kosten in Wohnungseigentümergemeinschaften. Die Urteile könnten festlegen, ob Eigentümer künftig per Mehrheitsbeschluss ungleich stärker belastet werden dürfen.

Am 18. Oktober 2024 wird der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in 2 richtungsweisenden Verfahren (V ZR 236/23 und V ZR 128/23) über die Auslegung des seit 2020 reformierten Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) entscheiden. Dabei steht im Fokus, ob eine Änderung der Kostenverteilung durch Mehrheitsbeschluss zu Lasten einzelner Eigentümer möglich ist. Die anstehenden Urteile könnten weitreichende Folgen für Wohnungseigentümergemeinschaften in ganz Deutschland haben.

Kostenverteilung bei Garagensanierung

Im ersten Fall geht es um die Frage, ob Wohnungseigentümer, die kein Nutzungsrecht an einer Gemeinschaftseinrichtung wie einer Garage haben, dennoch an den Instandhaltungskosten beteiligt werden können. Die Klägerin in diesem Verfahren ist Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die neben Wohnungen auch eine Garage mit 15 Stellplätzen umfasst. Die Stellplätze dürfen nur von bestimmten Eigentümern genutzt werden, die laut Teilungserklärung auch die Instandhaltungskosten tragen müssen. Die Klägerin selbst besitzt keinen Stellplatz.

Im April 2022 beschloss die Wohnungseigentümergemeinschaft jedoch, die Sanierung des Garagendachs auf alle Eigentümer nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile umzulegen. Die Klägerin reichte daraufhin eine Anfechtungsklage ein, da sie der Ansicht war, dass diese Kostenverteilung gegen die Teilungserklärung verstoße. In den Vorinstanzen erhielt sie Recht: Das Amtsgericht und das Landgericht Braunschweig entschieden, dass die Kostenverteilung unzulässig sei, da die Klägerin bislang von diesen Kosten befreit war und es keine Beschlusskompetenz für eine Änderung gebe.

Der Bundesgerichtshof muss nun klären, ob die Reform des WEG im Jahr 2020 durch § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG eine solche erstmalige Kostenbeteiligung erlaubt. Ein Urteil zugunsten der Klägerin könnte bestätigen, dass Wohnungseigentümergemeinschaften auch in Zukunft an die Teilungserklärungen gebunden sind und Mehrheitsbeschlüsse nicht uneingeschränkt über individuelle Rechte gestellt werden können.

Änderung des Kostenverteilungsschlüssels

Im zweiten Verfahren geht es um eine grundlegende Änderung des Kostenverteilungsschlüssels. Die Klägerinnen sind Eigentümerinnen von 3 Gewerbeeinheiten in einer Wohnanlage, in der die Betriebskosten bisher nach Miteigentumsanteilen aufgeteilt wurden.

Nach der Teilungserklärung von 1984 richtet sich ihr Miteigentumsanteil, also ihr Anteil am Gesamtgebäude, nach der Grundfläche. Dabei ist der rechnerische Miteigentumsanteil bei Wohnungen pro Quadratmeter viermal größer als der bei Gewerbeeinheiten.

Im September 2021 beschlossen die Wohnungseigentümer jedoch, dass zukünftig die aktuell nach Miteigentumsanteilen umgelegten Kosten nach der beheizbaren Wohnfläche verteilt werden sollen. Dies soll auch für die Erhaltungsrücklage gelten, also die Mittel, die für zukünftige Instandhaltungen gesammelt werden.

Für die Klägerinnen könnte dieser Beschluss nachteilig sein, weil sie künftig einen viermal höheren Kostenanteil übernehmen müssten.

Die Klägerinnen wehrten sich gegen diesen Beschluss mit einer Anfechtungsklage. In erster Instanz wurde ihnen Recht gegeben, doch das Landgericht Düsseldorf hob das Urteil auf. Es entschied, dass die Änderung des Kostenverteilungsschlüssels rechtmäßig sei, da die Reform des WEG eine solche Maßnahme ausdrücklich erlaube, solange es sich nicht um eine allgemeine Änderung sämtlicher Kosten handele.

Der Bundesgerichtshof muss nun klären, ob die beschlossene Änderung des Verteilungsschlüssels eine unbillige Benachteiligung darstellt oder im Einklang mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung steht.

Bedeutung für Wohnungseigentümer

Die bevorstehenden Entscheidungen haben das Potenzial, die Rechte von Wohnungseigentümern erheblich zu beeinflussen. Sollten die Urteile zugunsten der Klägerinnen ausfallen, würde dies bedeuten, dass die Möglichkeiten von Wohnungseigentümergemeinschaften, Kosten durch Mehrheitsbeschlüsse neu zu verteilen, stark eingeschränkt bleiben. Dies könnte insbesondere in Fällen, in denen einige Eigentümer bisher von bestimmten Kosten befreit waren, zu einer Bestätigung bestehender Rechte führen.

Umgekehrt könnte ein Urteil zugunsten der Wohnungseigentümergemeinschaften die Befugnisse zur Anpassung von Kostenverteilungsregelungen erweitern. Dies würde bedeuten, dass Gemeinschaften flexibler auf finanzielle Herausforderungen reagieren könnten, auch wenn dies zulasten einzelner Eigentümer ginge. Insbesondere bei teuren Sanierungsmaßnahmen oder der Zuführung zu Rücklagen könnte dies weitreichende Folgen haben.

Für betroffene Eigentümer bedeutet dies in jedem Fall, dass die Kostenlast in Zukunft möglicherweise anders verteilt wird als bisher. Eigentümer, die bislang von bestimmten Kosten befreit waren, müssen sich darauf einstellen, künftig einen größeren finanziellen Beitrag zu leisten, insbesondere bei Instandhaltungsmaßnahmen oder der Bildung von Rücklagen. Gleichzeitig könnten die Urteile Klarheit schaffen und langwierige Rechtsstreitigkeiten innerhalb von Eigentümergemeinschaften vermeiden.

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