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Eigenbedarfskündigung: So sollten Vermieter vorgehen

Vermieter können Mietverträge mit einer Eigenbedarfskündigung kündigen und somit Eigenbedarf für sich oder für nahe Angehörige anmelden. Dabei müssen sie jedoch einiges beachten.

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Eigenbedarfskündigung: das Wichtigste in Kürze

  • Eigenbedarf bedeutet: Der Vermieter benötigt die Wohnung für sich selbst, für nahe Familienangehörige oder für Angehörige seines Haushalts.
  • Die Länge der Kündigungsfrist für den Vermieter hängt davon ab, wie lange der Mieter bereits in der Wohnung wohnt. Es sind mindestens 3 Monate.
  • Täuscht der Vermieter den Eigenbedarf nur vor, steht dem Mieter eventuell ein Schadensersatz zu.

Wann ist eine Eigenbedarfskündigung möglich?

Vermieter können ihren Mieter nur ordentlich kündigen, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt (§573 BGB). Dies ist dann gegeben, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst, einen Familienangehörigen oder einen Angehörigen seines Haushaltes benötigt. Er kann dem Mieter dann wegen Eigenbedarfs kündigen.

Hat der Vermieter mehrere Mietparteien, ist er frei in seiner Entscheidung, welchem Mieter er kündigt. Es empfiehlt sich jedoch abzuwägen, bei welchem Mieter die Kündigung die geringsten Auswirkungen hätte. Denn läge ein sozialer Härtefall vor, so könnte sich der gekündigte Mieter dagegen gerichtlich wehren.

Vorsicht vor unwirksamen Kündigungen: Vorgetäuschter Eigenbedarf

Vermieter, die eine Eigenbedarfskündigung aussprechen, müssen diesen Eigenbedarf auch wirklich haben. Andernfalls kann der Mieter in der Wohnung bleiben. Erfährt dieser erst nach dem Umzug, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht war, kann er unter Umständen sogar Schadensersatz für die teurere Miete in der neuen Wohnung verlangen. Das hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil entschieden (Az.: VIII ZR 99/14).

Ebenfalls unwirksam ist eine Eigenbedarfskündigung, wenn der Wohnraum nicht in der Art und Weise genutzt werden kann, wie der Vermieter in der Wohnungskündigung vorgibt. Zum Beispiel, wenn die 80-jährige, gehbehinderte Mutter in eine Wohnung im 6. Stock ohne Aufzug ziehen soll.

Für wen darf ich Eigenbedarf anmelden?

Grundsätzlich darf der Vermieter Eigenbedarf für sich selbst, für Familienangehörige und Angehörige seines Haushaltes anmelden (§573 BGB).

Als Familienangehörige gelten laut gängiger Rechtsprechung:

  • Verwandte in erster Linie – also Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel
  • Ehe- beziehungsweise eingetragene Lebenspartner, laut Urteil des Bundesgerichtshofs auch getrennt lebend oder geschieden (BGH, Az.: VIII ZR 35/19)
  • Geschwister
  • Nichten und Neffen

Zu den Haushaltsangehörigen zählen all jene Personen, die schon länger dem Haushalt des Vermieters zugeordnet werden können. Dass können sein:

  • unverheiratete Lebensgefährten und ihre Kinder
  • Haushaltspersonal
  • Pflegepersonal

Sollen entfernte Angehörige in die Wohnung einziehen, so ist in den meisten Fällen keine Eigenbedarfskündigung möglich. Es sei denn, es kann ein Nachweis für eine besonders enge Bindung zum Familienmitglied erbracht werden. Dies gilt bei:

  • Onkel und Tanten
  • Cousins und Cousinen
  • Stiefkinder und Stiefenkel
  • Schwiegereltern, Schwäger und Schwägerin

Was ist, wenn der Eigenbedarf angemeldet wurde, die Bedarfsperson in die Wohnung einzieht – und dann kurz darauf wieder auszieht?

Es gibt keine gesetzlichen Fristen dafür, wie lange die Person, für die eine Eigenbedarfskündigung  ausgesprochen wurde, in der Wohnung verbleiben muss. Sofern eine Eigenbedarfskündigung nicht rechtsmissbräuchlich oder vorgetäuscht war, ist sie wirksam. War es jedoch absehbar, dass die jeweilige Bedarfsperson gleich wieder auszieht, war die Kündigung unzulässig. Im Zweifel kann es lohnen, sich durch einen Fachanwalt für Mietrecht oder einen Eigentümerverein beraten zu lassen.

Eigenbedarfskündigung: Wie lange vorher muss ich Eigenbedarf anmelden?

Bei einer Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter auf die gesetzliche Kündigungsfrist achten (§ 573 c BGB). Diese richtet sich nach der bisherigen Dauer des Mietverhältnisses. Das bedeutet für eine ordentliche Vermieterkündigung:

  • Mietdauer bis 5 Jahre: 3 Monate Kündigungsfrist
  • Mietdauer 5 bis 8 Jahre: 6 Monate Kündigungsfrist
  • Mietdauer mehr als 8 Jahre: 9 Monate Kündigungsfrist

Die Eigenbedarfskündigung muss spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats beim Mieter eingehen, dann ist sie zum Ablauf des übernächsten Monats wirksam. Das bedeutet: Geht das Kündigungsschreiben beim Mieter am Montag, den 1. Februar ein, endet das Mietverhältnis Ende April.

Weiß der Vermieter schon bei Abschluss des Mietvertrags, dass er bald mit einer Eigenbedarfskündigung Anspruch auf die Wohnung erheben will, muss er dies seinem neuen Mieter mitteilen. Hat er auf einen solchen Hinweis verzichtet, verliert er das Recht, eine Eigenbedarfskündigung auszusprechen oder muss, wenn dies dem Mieter erst nach seinem Auszug bekannt wird, gegebenenfalls Schadensersatz zahlen.

Aber: Der Vermieter muss bei Abschluss eines Mietvertrages keine Bedarfsvorschau machen. Er muss also nicht einschätzen, ob in Zukunft möglicherweise einmal ein Eigenbedarf vorliegen könnte, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat (BGH, Az.: VIII ZR 154/14). Gleichzeitig ist auch eine Eigenbedarfskündigung auf Verdacht, also dann, wenn ein Eigenbedarf aus Sicht des Vermieters lediglich möglich erscheint, aber noch nicht sicher ist, immer unwirksam.

Sonderfälle bei der Kündigungsfrist bei Eigenbedarf

Unter Umständen kann die Kündigungsfrist länger ausfallen als üblich:

Fall 1: Kündigungssperrfrist bei Umwandlung eines Mietshauses in Eigentumswohnungen

Wird ein Mietshaus in mehrere Eigentumswohnungen umgewandelt, so kann der Käufer einer dieser Eigentumswohnungen nicht sofort Eigenbedarf anmelden. Er muss in der Regel eine Kündigungssperrfrist von drei Jahren abwarten. Diese kann von den Bundesländern auf bis zu zehn Jahre ausgeweitet werden – Käufer solcher Eigentumswohnungen sollten also genau prüfen, welche Frist vor Ort gilt.

Fall 2: Längere Frist bei Kündigung in einem Zweifamilienhaus

Wenn ein Vermieter in einem Zweifamilienhaus lebt, die andere Wohnung aber vermietet, sieht das Gesetz ein erleichtertes Kündigungsrecht vor (§ 573a BGB). In diesem Fall kann der Vermieter jederzeit ohne Angabe von Gründen kündigen. Anders als im Eigenbedarfsfall kann sich der Mieter hiergegen nicht wehren. Allerdings verlängert sich die gesetzliche Kündigungsfrist dabei um drei Monate, liegt also je nach Dauer des Mietverhältnisses bei zwischen sechs und zwölf Monaten. Im Kündigungsschreiben muss er zudem angeben, dass sich die Kündigung auf eben diese gesetzliche Sonderregelung stützt.

Was muss eine Eigenbedarfskündigung beinhalten?

Steht der Zeitpunkt der Kündigung fest, geht es daran, das Kündigungsschreiben zu verfassen. Vermieter sollten dabei sorgfältig vorgehen, denn formelle Fehler im Kündigungsschreiben können dazu führen, dass letztlich die gesamte Kündigung unwirksam wird. Grundsätzlich muss jede Kündigung in Schriftform erfolgen.

Insbesondere muss der Vermieter seinen Kündigungsgrund genau beschreiben: „Bei der Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter darlegen, warum, wann und für wen er die Wohnung benötigt. Es genügt nicht, einfach mit dem Hinweis auf Eigenbedarf zu kündigen“, sagt Jens Hermann, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Nürnberger Rechtsanwaltskanzlei Magold, Walter & Hermann.

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Mögliche Gründe, die von Gerichten bisher anerkannt wurden, sind:

  • der Wunsch im eigenen Eigentum zu wohnen, was kürzlich erworben wurde, um nicht mehr zur Miete zu wohnen
  • die Immobilie, in der zurzeit gewohnt wird, wird langwierig saniert und der Wohnraum wird zur Überbrückung benötigt
  • es wird Nachwuchs erwartet, es reicht aber auch bereits der Kinderwunsch
  • ein Kind zieht aus der elterlichen Wohnung aus und soll den Wohnraum bekommen
  • der Wunsch, sich räumlich zu verkleinern und einen Alterswohnsitz zu begründen
  • beruflich wird ein Zweitwohnsitz benötigt
  • der Arbeitsweg wird durch den Umzug deutlich verkürzt
  • ein Familienmitglied bedarf mehr Pflege und soll näher beim Pflegenden wohnen

Wichtig: Eine Eigenbedarfskündigung, weil die Wohnung verkauft werden soll und sie unvermietet mehr einbringen würde, ist nicht zulässig. Auch eine Kündigung, weil der Vermieter den Wohnraum gewerblich nutzen möchte, ist in der Regel nicht möglich.

Was, wenn der Vermieter bereits eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen hat, der Grund dann aber entfällt?

Entfällt der Grund für die Eigenbedarfskündigung, so ist auch die Kündigung hinfällig und der Mieter darf in der Regel weiter in der Wohnung bleiben. Der Vermieter ist in der Pflicht, den gekündigten Mieter davon in Kenntnis zu setzen. Will der Eigentümer die Kündigung dennoch durchsetzen, so handelt er rechtsmissbräuchlich und er riskiert Schadensersatzforderungen seines Ex-Mieters für die Umzugskosten. (Vergleichbare Urteile: Landgericht Berlin, Az.: 67 S 9/18; Amtsgericht Gießen, Az.: 48 C 231/13).

Ebenfalls enthalten sein muss der Hinweis auf das gesetzliche Widerspruchsrecht des Mieters gemäß Paragraf 574 BGB sowie die Form- und Fristerfordernis: Der Mieter muss seinen Widerspruch spätestens zwei Monate vor Beendigung des Mietverhältnisses schriftlich erklären.

Für den Fall, dass der Vermieter eine Alternativwohnung hat, die er dem Mieter anbieten kann, muss er auch dies laut Rechtsprechung im Kündigungsschreiben erwähnen. Zudem muss er die Konditionen zur Anmietung der Wohnung mitteilen. Gleichzeitig sollte er die Gründe nennen, wieso ebendiese Wohnung für ihn selbst nicht geeignet ist.

Ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter eine Alternativwohnung anzubieten?

Wer mehrere Wohnungen besitzt, muss eine Alternativwohnung anbieten, wenn mehrere Bedingungen erfüllt sind. Die freie oder freiwerdende Alternativwohnung:

  • befindet sich im selben Haus oder in derselben Wohnanlage des Vermieters;
  • wird zum Ablauf der Kündigungsfrist frei;
  • ist vergleichbar mit der bisherigen Wohnung.

Der Vermieter muss bereits in der Eigenbedarfskündigung auf die Wohnung hinweisen und dem Mieter auch die Konditionen mitteilen. Tut er das nicht, ist die Kündigung unwirksam und ihm können Schadensersatzklagen drohen.

Wird erst nach dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung eine Alternativwohnung im Haus innerhalb der Kündigungsfrist frei, so muss der Vermieter den Mieter davon in Kenntnis setzen. Entweder um ihm diese als Alternativwohnung anzubieten oder das Angebot die Kündigung aufzuheben und eine Vertragsfortsetzung zu unterbreiten, weil der Vermieter selbst die freiwerdende Wohnung nutzen möchte.

Wie stelle ich sicher, dass die Eigenbedarfskündigung den Mieter erreicht?

Damit die Kündigungsfrist auch wirksam werden kann, genügt das bloße Abschicken der Eigenbedarfskündigung nicht. Vielmehr ist es erforderlich, dass das Schreiben auch tatsächlich beim Mieter ankommt. Nicht selten kommt es vor, dass Mieter den Zugang der Kündigung bestreiten.

Es empfiehlt sich daher, die Kündigung als Einschreiben zu versenden – noch sicherer ist es allerdings, sie zusammen mit einem Zeugen persönlich zu übergeben.

Was kann ich tun, wenn sich der Mieter wehrt?

Komplizierter wird es für Vermieter, wenn der Mieter sich gegen die Eigenbedarfskündigung wehrt. Dies geht unter anderem, wenn beim Mieter ein besonderer Fall von Härte vorliegt (§ 574 BGB), weswegen er die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann.

„Das können beispielsweise hohes Alter, eine Körperbehinderung oder eine schwere Krankheit sein“, sagt Rechtsanwalt Jens Hermann. Auch bei Schwangerschaft der Mieterin könne oft zumindest eine verlängerte Räumungsfrist erreicht werden. Der Mieter muss in diesen Fällen Widerspruch gegen die Kündigung einlegen.

Kommt so ein Streitfall vor Gericht, so ist laut BGH eine besonders sorgfältige Abwägung der beiderseitigen Interessen erforderlich (BGH, Az.: VIII ZR 180/18 und VIII ZR 167/17). Gerichte dürfen keine pauschalen Fallgruppen bilden, sondern den Sachverhalt genau klären. Dazu gehören je nach Einzelfall Sachverständigengutachten, Zeugen- und Parteivernehmung.

Noch nicht einmal widersprechen muss der Mieter, wenn die Kündigung ohnehin unwirksam ist – etwa, weil die Begründung fehlt. „Eine spätere Räumungsklage des Vermieters würde in einem solchen Fall vor Gericht scheitern“, so Hermann.

Es hindert den Vermieter aber nichts daran, die Kündigung einfach noch einmal auszusprechen – diesmal formell korrekt. Kommt es zum Konflikt mit dem Mieter, empfiehlt sich in jedem Fall die Beratung durch einen Fachanwalt oder einen Eigentümerverein.

Was ist, wenn der Mieter trotz wirksamer Eigenbedarfskündigung nicht auszieht?

Zieht der Mieter trotz wirksamer Eigenbedarfskündigung nicht fristgerecht aus kann der Vermieter in der Regel zur Räumungsklage greifen.

Alternative zur Eigenbedarfskündigung: Mietaufhebungsvertrag

Um etwaige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, können sich Mieter und Vermieter einvernehmlich auf einen Mietaufhebungsvertrag einigen. Dieser ist für beide Seiten bindend.

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