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Kündigung wegen Eigenbedarfs: Wie sich Mieter wehren können

Die Kündigung eines Mietvertrags wegen Eigenbedarfs ist oft ein Schock. Obwohl die Rechtsprechung in vielen Fällen auf der Seite des Vermieters ist, können sich Mieter manchmal erfolgreich dagegen wehren. So geht’s.

Wann darf mir mein Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen?

Will ein Vermieter seine Mietwohnung für sich selbst, nahe Angehörige oder für eine zum Hausstand gehörende Person, zum Beispiel eine Pflegekraft, nutzen, kann er seinen Mietern wegen Eigenbedarfs kündigen (BGB; § 573 (1, Abs.2)).

Auch wenn es sich bei der Wohnung oder dem Haus für den Vermieter künftig nur um eine Zweitwohnung handelt, kann der Vermieter wegen Eigenbedarfs kündigen. Es ist dabei unerheblich, ob die Wohnung nur sporadisch genutzt wird (BGH, Az. VIII ZR 186/17).
Wichtig: Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nur bei unbefristeten Mietverträgen möglich.

Kann eine Eigenbedarfs-Teilkündigung ausgesprochen werden?

Eine Teilkündigung in der Art, dass der Vermieter lediglich ein Zimmer einer Mietwohnung selbst nutzen will, ist unzulässig. Teilkündigungen sind laut Paragraf 573b BGB nur für nicht zum Wohnen bestimmte Nebenräume zulässig, also beispielsweise für ein an den Mieter mitvermietetes Abteil eines Dachstuhls. Das allerdings auch nur dann, wenn der Vermieter hier neuen Wohnraum schaffen will.

Kann ein Unternehmen einem Wohnungsmieter wegen Eigenbedarfs kündigen?

Ist der Vermieter eine juristische Person, also eine GmbH oder eine Aktiengesellschaft, so ist grundsätzlich die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses nicht möglich.

Anders sieht es bei Personengesellschaften wie etwa Gesellschaften bürgerlichen Rechts aus: Diese können zugunsten ihrer Mitglieder unter Umständen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs aussprechen.

Geht es um Gewerberäume, so kann eine Eigenbedarfskündigung auch durch eine Kapitalgesellschaft zulässig sein.

Kündigung wegen Eigenbedarfs erhalten: Was kann ich tun?

Wenn dein Vermieter plötzlich selbst einziehen will, solltest du erstmal prüfen, ob die Kündigung überhaupt rechtens ist. Oft ist das Kündigungsschreiben schon allein als formalen oder inhaltlichen Gründen einfach unwirksam, zum Beispiel weil die Begründung für den Eigenbedarf fehlt.

Ist die Kündigung wegen Eigenbedarfs wirksam? Prüfe diese Punkte:

  1. Ist das Kündigungsschreiben formal richtig?
  2. Für wen wurde der Eigenbedarf angemeldet?
  3. Wurde die Kündigung wegen Eigenbedarfs begründet?
  4. Wurden die gesetzlichen Kündigungsfristen eingehalten?
  5. Ist ein Hinweis auf das gesetzliche Widerspruchsrecht des Mieters enthalten?

Kündigung wegen Eigenbedarfs: Wie muss das Kündigungsschreiben aussehen?

Für das Kündigungsschreiben wegen Eigenbedarfs gelten folgende formalen Anforderungen:

  • Die Kündigung muss schriftlich (als Brief) erfolgen
  • Die Kündigung muss von allen Vermietern unterschrieben werden
  • Die Kündigung muss an alle Mieter gerichtet sein
  • Es muss klar aus der Kündigung hervorgehen, um welche Wohnung es sich handelt
  • Das Datum, wann das Mietverhältnis enden soll, muss klar benannt sein
  • Der Kündigungsgrund muss angegeben sein: Bei der Eigenbedarfskündigung muss der Vermieter detailliert darlegen, wer in die Wohnung einziehen soll und warum genau diese Person die Wohnung benötigt. Auch die bisherige Wohnsituation der betroffenen Person muss der Vermieter in diesem Zusammenhang offenlegen.

Für wen darf mein Vermieter Eigenbedarf anmelden?

Der Vermieter kann für sich selbst aber auch für bestimmte Personen aus seinem familiären oder haushaltsnahem Umfeld Eigenbedarf anmelden.

Zulässig ist eine Kündigung wegen Eigenbedarfs für enge Verwandte des Vermieters:

  • Kinder
  • Eltern
  • Enkel
  • Großeltern
  • Geschwister
  • Leibliche Nichten und Neffen
  • Schwiegerkinder und -eltern
  • Ehepartner oder eingetragener Lebenspartner

 

Auch für Haushaltsmitglieder des Vermieters ist eine Eigenbedarfskündigung möglich:

  • Pflegekinder
  • Lebensgefährte oder Lebensgefährtin
  • Kinder des Lebensgefährten oder Lebensgefährtin
  • Haushaltsangestellte
  • Pflegepersonal

 

Des Weiteren gibt es Verwandtschaftsverhältnisse, bei denen der Eigenbedarf oftmals auch anerkannt wird. Jedoch muss eine besonders enge Bindung zu diesen Personen in der Kündigung wegen Eigenbedarfs belegt werden. Dazu zählen:

  • Tanten und Onkel
  • Cousine und Cousin
  • Schwägerin und Schwager    
  • Großnichten und Großneffen
  • Stiefeltern, Stiefkinder und Stiefenkel

Muss der Vermieter Gründe für die Kündigung wegen Eigenbedarfs angeben?

Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nur dann wirksam, wenn sie inhaltlich genau begründet  ist.  Der Vermieter muss also nicht nur angeben, wer in die Wohnung oder Haus einziehen soll, sondern auch warum. Konkrete Begründungen werden von Gerichten deshalb gefordert, damit der Mieter nachprüfen kann, ob die Kündigung wegen Eigenbedarfs gerechtfertigt ist.

Der Vermieter kann den Kündigungsgrund zwar nachträglich ergänzen, aber nicht nachträglich ändern. Er kann also zum Beispiel nicht Eigenbedarf für sich anmelden und später dann Eigenbedarf für seine Tochter daraus machen.

Auch Pauschalaussagen wie, die Wohnung werde dringend benötigt oder sei größer als die alte, reichen als Begründung nicht aus. Mögliche Gründe, die der Vermieter im Kündigungsschreiben angeben kann, sind zum Beispiel:

  • Die Tochter benötigt die Wohnung, weil sie eine Familie gründen will
  • Pflegebedürftige Angehörige sollen in der Wohnung aufgenommen werden
  • Vermieter benötigt Wohnung nach Scheidung
  • Wohnung wird für Sohn wegen Jobwechsel benötigt

Welche Fristen gelten bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs?

Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs gelten die gleichen Kündigungsfristen, wie für andere ordentliche Kündigungen durch den Vermieter. Die Kündigungsfrist ist davon abhängig, wie lange der Mieter schon in der Wohnung gewohnt hat.

Kündigungsfristen bei Eigenbedarf:

 Mietdauer Kündigungsfrist
Unter 5 Jahre 3 Monate
5 bis 8 Jahre 6 Monate
Mehr als 8 Jahre 9 Monate

Sonderfall: Erleichtertes Kündigungsrecht bei Zweifamilienhaus

Wer Mieter einer Wohnung in einem Zweifamilienhaus ist, in dem die andere Wohnung vom Vermieter selbst bewohnt wird, hat bei einer Kündigung schlechte Karten: Dem Vermieter steht in diesem Fall ein erleichtertes Kündigungsrecht zu (BGB, § 573a): Er kann jederzeit ohne Angaben von Gründen kündigen, allerdings verlängert sich die gesetzliche Kündigungsfrist um drei Monate.

Sonderfall: Kündigungsschutz bei Umwandlung in Eigentumswohnung

Wird ein Mietshaus an einen neuen Eigentümer veräußert, so bleiben die Mietverträge bestehen. Jedoch kann der Eigentümer den Mietern wegen Eigenbedarfs kündigen. Anders sieht es aus, wenn das Mietshaus in Eigentumswohnungen umgewandelt wird – dann besteht eine zeitlich begrenzte Kündigungssperre für den neuen Eigentümer.  Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist dann frühestens nach drei Jahren möglich. Die Kündigungssperrfist kann von den Bundesländern per Landesverordnung auf bis zu zehn Jahre verlängert werden.

Dabei muss die WEG-Aufteilung erfolgt sein, nachdem der Mieter eingezogen ist. War die Wohnung zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses bereits eine WEG-Einheit, greift die Sperrfrist nicht.

Ist die Kündigung wegen inhaltlicher oder formaler Fehler unwirksam, kannst du einfach abwarten: du musst der Kündigung nicht widersprechen und auch nicht ausziehen.

Ist sie jedoch wirksam, hast du noch andere Möglichkeiten:

Kündigung wegen Eigenbedarfs: Kann ich Widerspruch einlegen?

Wurde eine wirksame Kündigung wegen Eigenbedarfs ausgesprochen, können Mieter in der Regel widersprechen.
Liegen beim Mieter gewichtige Gründe oder Härtefälle vor, kann die Kündigung wegen Eigenbedarfs dann auch – zumindest zeitweise – abgewendet werden. Solche Gründe sind zum Beispiel:

  • hohes Alter
  • Krankheit
  • Schwangerschaft
  • Suizidgefahr
  • tiefe Verwurzelung mit dem Umfeld, oft im Zusammenhang mit dem hohen Alter des Mieter

Liegen solche Gründe vor, sollte der betroffene Mieter Widerspruch gegen die Kündigung wegen Eigenbedarfs einlegen. Ist es dafür schon zu spät oder hat der Mieter keinen Erfolg damit, kann er im Rahmen eines Räumungsrechtsstreits eine Verlängerung der Räumungsfrist um maximal ein Jahr erreichen. Voraussetzung ist allerdings eine Härte, bei der das Interesse des Mieters am Verbleib in der Mietwohnung das Interesse des Vermieters an der Räumung überwiegt.

Zuallerletzt steht dem Mieter noch die Möglichkeit des Zwangsvollstreckungsschutzes zur Verfügung. Paragraf 765a der Zivilprozessordnung sieht diese Möglichkeit aber nur vor, wenn ganz besondere Umstände eine Härte bedeuten würden, die mit den guten Sitten nicht vereinbar sind.

Um sein Widerspruchsrecht genau einschätzen zu können, sollte ein Mieter den fachkundigen Rat des örtlichen Mietervereins oder eines Rechtsanwalts einholen. Denn bisweilen enthalten solche Kündigungsschreiben Mängel, die die gesamte Kündigung unwirksam machen.

Wie lang ist die Widerspruchsfrist?

Will der Mieter widersprechen, etwa wegen eines Härtefalls – muss dies bis maximal 2 Monate vor Ende der Kündigungsfrist geschehen.

Welche Kosten können auf Mieter zukommen, wenn sie sich gegen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs wehren?

Wer als Mieter gegen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs vorgehen will, hat ein gewisses Kostenrisiko. Denn der Vermieter wird, wenn der Mieter nicht auszieht, Räumungsklage erheben. Unterliegt der Mieter in einem solchen Verfahren, muss er die gesamten Kosten tragen, was schnell eine vierstellige Summe ausmachen kann. Eine Rechtschutzversicherung, die Mietstreitigkeiten mit einschließt, kann Mieter jedoch unter Umständen vor diesen Kosten bewahren.

Kündigung wegen Eigenbedarfs: Muss der Vermieter eine neue Wohnung anbieten?

Oft besitzen Vermieter mehrere Wohnungen oder ganze Mehrfamilienhäuser. Der Vermieter muss in manchen Fällen seinem Mieter eine geeignete Alternativwohnung anbieten. Das gilt nur dann, wenn:

  • sich die freiwerdende Wohnung im selben Haus oder derselben Wohnanlage des Vermieters befindet,
  • die Alternativwohnung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei wird,
  • die Alternativwohnung vergleichbar ist – dem Single, dem eine Zweizimmerwohnung gekündigt wurde, muss also nicht die freiwerdende Sechszimmerwohnung angeboten werden.

Dabei muss der Vermieter auch die Konditionen zur Anmietung der Alternativwohnung mitteilen. Der Eigentümer eines Mehrparteienhauses, der mehrere Wohnungen vermietet hat, ist übrigens in seiner Entscheidung frei, welchem Mieter er kündigt.
Bietet der Vermieter seinem Mieter keine Alternativwohnung an, obwohl er dazu verpflichtet wäre, so wird er dem Mieter gegenüber möglicherweise Schadensersatzpflichtig. Er muss also beispielsweise Umzugskosten erstatten. Die Kündigung an sich bleibt allerdings wirksam.

Erhält der Mieter bei einer vorgetäuschten Eigenbedarfskündigung Schadensersatz?

Täuscht der Vermieter Eigenbedarf vor, ist er seinem Ex-Mieter gegenüber schadensersatzpflichtig. So gab der BGH einem Mieter im Grundsatz Recht, der von seinem Ex-Vermieter insgesamt 28.500 Euro Schadensersatz für seine jetzt höhere Monatsmiete, den längeren Weg zur Arbeit und die Kosten des ersten Gerichtsprozesses haben wollte (Az.: VIII ZR 99/14). Der Vermieter sei schadensersatzpflichtig, obwohl es im Vorfeld zu einem Vergleich kam. Denn zu diesem Zeitpunkt wusste der Mieter noch nicht, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war.

Übrigens: Entfällt nach der Kündigung der Eigenbedarf, so muss der Vermieter dies seinem Mieter umgehend mitteilen, da er ansonsten ebenfalls schadensersatzpflichtig sein kann.

Wohnung nicht zu retten: Aufhebungsvereinbarung

Wenn die Kündigung wegen Eigenbedarfs wirksam ist und auch kein Härtefall dagegenspricht, muss der Mieter ausziehen. Er hat jedoch die Möglichkeit mit dem Vermieter eine für sich positive Aufhebungsvereinbarung zu treffen.

Ein Beispiel: Der Vermieter möchte die Wohnung möglichst bald beziehen, die Kündigungsfrist beträgt jedoch wegen der langen Mietzeit neun Monate. Ein Aufhebungsvertrag könnte dann so aussehen, dass der Mieter bereits vorher auszieht und der Vermieter im Gegenzug die Umzugskosten übernimmt und auf Schönheitsreparaturen des Mieters verzichtet.

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