Rauchen in der Wohnung: Genuss oder Gestank? Bei diesem Streitthema müssen Mieter und Vermieter manches dulden, aber nicht alles.
Rauchen in der Wohnung: Das Wichtigste in Kürze
- Rauchen in der Mietwohnung zählt meist zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung, auch auf Balkon und Terrasse.
- Im Mietvertrag kann über eine Individualvereinbarung Rauchverbot vereinbart werden.
- Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme: Wird der Nachbar durch das Rauchen stark beeinträchtigt, muss der Raucher seinen Konsum einschränken.
- Beim Auszug gelten für die Raucherwohnung oft die allgemeinen Regeln zu Schönheitsreparaturen.
Übersicht
Darf der Vermieter Rauchen in der Wohnung verbieten?
Mieter dürfen in ihrer Wohnung überall rauchen. Laut Bundesgerichtshof (BGH) gehört es grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch, sich in der in der eigenen Wohnung, auf dem Balkon oder der Terrasse eine Zigarette oder eine Pfeife anzuzünden und diese zu rauchen (BGH, Az.: VIII ZR 124/05). Dasselbe gilt für das Konumieren von Marihuana nach der Cannabis-Legalisierung.
Das gilt, sofern nichts Gegenläufiges vereinbart ist, der Zustand der Wohnung dadurch nicht erheblich verschlechtert wird (BGH, Az.: VIII ZR 242/13) und der Mieter seine Mitmieter mit dem Rauchen nicht wesentlich beeinträchtigt.
Verbieten darf der Vermieter das Rauchen in der Mietwohnung also nicht.
Aber es gilt ebenso das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme: Die persönliche Freiheit des Mieters, zu rauchen versus das Recht der Nichtraucher und Mitmieter auf körperliche Unversehrtheit. Darum muss der Mieter zumutbare Maßnahmen ergreifen, um andere möglichst nicht oder wenig zu stören, zum Beispiel durch regelmäßiges Lüften.
Auch kann von einem Kettenraucher etwas mehr Rücksicht gefordert werden, wenn sein Nachbar Asthmatiker oder Allergiker ist und das Passivrauchen dessen Zustand verschlimmern könnte. Unter bestimmten Umständen kann der Vermieter dann das Rauchen in der Wohnung verbieten.
Gilt im Mietshaus Rauchverbot?
Das Rauchen kann in den Gemeinschaftsflächen des Hauses verboten werden, also etwa:
- im Treppenhaus
- im Hausflur
- im Keller
- in der Waschküche
- im Fahrstuhl
- auf dem Speicher
- in der Tiefgarage
Möglich ist das über das Anbringen von Verbotsschildern oder eine entsprechende Vereinbarung in der Hausordnung, die zum Beispiel das Rauchen im Treppenhaus untersagt.
Wann ist das Rauchverbot im Mietvertrag gültig?
Ein über die Gemeinschaftsflächen hinausgehendes Rauchverbot, das für die eigene Wohnung gilt, ist laut Urteil des Bundesgerichtshof nur möglich, wenn dies als individuell ausgehandelte Vereinbarung im Mietvertrag steht (Az.: VIII ZR 37/07).
Wichtig: Sollte ein Mietinteressent bei der Besichtigung gefragt werden, ob er Raucher ist, darf er falsch antworten. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist es dem Vermieter bei der Mieterselbstauskunft nicht erlaubt, diese Frage zu stellen.
Unwirksam ist dagegen eine vorformulierte Klausel, die das Rauchen verbietet – sprich: Wer einen Mietvertrag vorgelegt bekommt, in dem Rauchen verboten wird, kann diesen getrost unterschreiben. Daran halten muss er sich nicht.
Dürfen Mieter auf dem Balkon rauchen?
Ja, Raucher dürfen auf dem Balkon rauchen. Aber es gibt Einschränkungen. Das Gebot der Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft gilt auch beim Rauchen auf dem Balkon. Dasselbe gilt auch auf Terrassen oder Rauchen am Fenster.
- Raucher müssen darauf achten, dass ihre Nachbarn nicht durch den Rauch belästigt werden.
- Die Beeinträchtigung durch den Rauch darf nicht „wesentlich" sein. Sonst müssen Nachbarn den Rauch nicht dulden (Az.: V ZR 110/14).
- Gerichtsurteile geben jedoch unterschiedliche Vorgaben, wie weit die Rücksichtnahme gehen muss, so dass es keine allgemeine Antwort gibt.
- Bei einem Verbot muss Gesundheitsgefahr durch Passivrauchen nachgewiesen werden.
Wie können Raucher eingeschränkt werden?
Mieter können ihre rauchenden Nachbarn nicht einschränken. Selbst wenn der Rauch eine wesentliche Beeinträchtigung ist, kann laut BGH niemals ein vollständiges Rauchverbot erteilt werden. Es können aber feste Zeitfenster festgelegt werden, in denen stundenweise rauchen erlaubt oder verboten ist. Ein Beispiel aus der Rechtsprechung:
- In einem Rechtsstreit zwischen Nachbarn wurden zwei Raucher dazu verurteilt, auf ihrer Terrasse nur noch zu festen Zeiten zu rauchen: 0 Uhr bis 3 Uhr, 6 Uhr bis 9 Uhr, 12 Uhr bis 15 Uhr und von 21 Uhr bis 24 Uhr. Zünden sie außerhalb dieser Zeiten eine Zigarette an, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro (LG Dortmund, Az.: 1 S 451/15).
Rauch von Nachbarn zieht ins Schlafzimmer. Wie reagieren?
Die Beeinträchtigung muss nicht geduldet werden. Sollte der Rauch vom Balkon oder auch durchs Lüften in die Schlafzimmer von Nachbarn ziehen, ist das vor allem für Nichtraucher besonders unangenehm. Auch hier gilt das Gebot der Rücksichtnahme.
Urteil: Nach einem Rechtsstreit darf ein Mieter während der Nachtzeit nicht mehr aus dem Fenster rauchen, wenn dadurch der Nikotingeruch in das Schlafzimmer der darüberliegenden Mietwohnung gelangt. Eine Mietminderung um 3 Prozent aufgrund der durch die Geruchsbelästigung bedingten Störung der Nachtruhe ist berechtigt. (LG Berlin, 65 S 362/16).
Was können Betroffene tun, wenn der Rauch des Nachbarn stört?
- Betroffene Mieter suchen am besten das Gespräch mit dem Nachbarn.
- Sollte das keine Besserung bringen, sollte die Hausverwaltung oder den Vermieter informiert werden.
- Wenn der Rauch eine "wesentliche Beeinträchtigung" darstellt, können Betroffene gerichtlich vorgehen und bestimmte rauchfreie Zeiten festlegen lassen.
Rauchen in der Wohnung: Expertentipp
Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes, schlägt einen Kompromiss vor, wenn Nachbarn wegen Rauchen streiten: Durch die Vereinbarung konkreten Rauchzeiten hofft er, dass das Verhältnis von Nichtrauchern und Rauchern in Mehrfamilienhäusern befriedet werden kann.
„Einerseits haben Mieter das Recht, ihre Mietwohnung frei von Belästigungen durch Tabakrauch nutzen zu können. Andererseits haben Mieter auch das Recht, ihre Lebensbedürfnisse in ihrer Wohnung zu verwirklichen, und hierzu kann auch das Rauchen gehören.“
Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes. Foto: DMB
Miete kürzen, wenn der Nachbar übermäßig raucht?
Der Mieter hat bei einer erheblichen Einschränkung, etwa wegen Geruchsbelästigung weil der Nachbar sehr stark raucht, unter Umständen das Recht die Miete zu mindern. Um wie viel, das hängt stark vom Einzelfall ab. Dazu muss er eine Mängelanzeige, um die Mietminderung zu begründen.
Gerichtsurteil: In Berlin beispielsweise hat ein Mann seine Miete um zehn Prozent gekürzt, weil der Nachbar unter ihm mehrmals pro Stunde auf dem Balkon rauchte und der Qualm ständig in die Wohnung des Mannes zog (LG Berlin, Az.: 67 S 307/12). Das Gericht urteilte zu Gunsten des Mieters, da alle seine Fenster nach hinten raus liegen – wie auch der Balkon des rauchenden Nachbarn. So habe der betroffene Mieter laut Gericht in den Sommermonaten deshalb nicht mehr lüften können.
Kann der Vermieter dem Mieter wegen Rauchen kündigen?
Nein. Einem Mieter kann nicht allein wegen Rauchens in der Mietwohnung, auf dem Balkon oder im Garten gekündigt werden. Rauchen ist grundsätzlich erlaubt.
- Ausnahme: Wenn der Mieter rücksichtslos handelt und seine Nachbarn unzumutbar belästigt, kann eine Kündigung nach Abmahnung möglich sein.
- Beweispflicht: Der Vermieter muss die Belästigung durch den Rauch beweisen.
Gerichtsurteil: Einen solchen Fall hatten Gerichte vor einigen Jahren zu klären: Dem Mieter wurde gekündigt, weil er nicht ausreichend gut lüftete und durch die nicht geleerten Aschenbecher Zigarettengestank ins Treppenhaus gelangte.
Nach, Abmahnung, fristloser und hilfsweise ordentliche Kündigung bestätigten Amtsgericht und Landgericht die folgende Räumungsklage. In letzter Instanz kippte der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 186/14) den Fall, er musste erneut vom Landgericht geprüft werden. Ergebnis: Der rauchende Mieter durfte bleiben (LG Düsseldorf Az.: 23 S 18/15).
Wer muss die Raucherwohnung renovieren?
Vermieter können nur in bestimmten Fällen Schadensersatz für Raucherwohnungen fordern.
- Wenn durch das Rauchen eine Substanzbeschädigung der Wohnung entstanden ist, wie stark vergilbte Wände, Zigarettengeruch, der sich nicht beseitigen lässt.
- Wenn der Mieter ein vertraglich vereinbartes Rauchverbot verletzt hat.
Ansonsten ist der Mieter nur nach den allgemeinen Renovierungsklauseln verpflichtet, Schönheitsreparaturen durchzuführen.
- Das bedeutet, dass der Mieter die Mietwohnung nur dann renovieren muss, wenn sie bei Einzug renoviert war und er im Mietvertrag dazu verpflichtet ist.
- In diesem Fall muss der Mieter auch die nikotingelben Wände überstreichen. (BGH, Az.: VIII ZR 124/05).